Antrag 244/I/2019 Die Grundrente als erster Schritt für ein solidarisches und zukunftsfestes Rentensystem

Status:
Annahme mit Änderungen

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar das Konzept zur sogenannten Grundrente vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Zuschlag für Menschen, die mindestens 35 Jahre Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit vorweisen können. Der Zuschlag wird anhand der in diesem Zeitraum erworbenen Entgeltpunkte berechnet. Die Bedürftigkeitsprüfung, und die damit verbundene Notwendigkeit die eigenen Rentenansprüche persönlich bei der Rentenversicherung nachweisen und einfordern zu müssen, entfällt. Dazu kommt ein Freibetrag bei der Grundsicherung von 25% der individuellen Rente (maximal 106€) für Arbeitnehmer*innen, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, sowie ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld von 125€. Diese drei Maßnahmen sollen zusammen dafür sorgen, dass Renter*innen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, an ihrem Lebensende eine Rente beziehen können die deutlich über der Grundsicherung liegt. Eine Person, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns gearbeitet hat, bekäme nach der Grundrente eine monatliche Rente von 960€, anstatt 512€ nach aktuellem Berechnungssystem. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales würden zwischen 3 und 4 Millionen Menschen in Deutschland von der Grundrente profitieren.

 

Wir unterstützen das Konzept der Grundrente ausdrücklich. Die Vorzüge liegen auf der Hand:

 

  • Menschen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, fallen mit dem Renteneintritt nicht plötzlich auf das Niveau der Grundsicherung zurück. Der Staat macht damit klar: wer seinen Beitrag zur Gesellschaft geleistet hat, kann sich am Ende auch auf ihre Solidarität verlassen.

 

  • Der Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung entfernt eine Hürde, die viele Betroffene als abschreckend und erniedrigend empfinden. Anstelle eines „Nackigmachens“ vor Sachbearbeiter*innen tritt Verbindlichkeit und Sicherheit.

 

  • Gerade Frauen profitieren in größerem Maße von der Grundrente. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist heute noch immer nicht erreicht. Kindererziehung und Care Arbeit wird überproportional von Frauen ausgeübt. Die Beitragsjahre sind deshalb weniger, und die Beitragszahlungen im Schnitt geringer als bei Männern. Die Grundrente kann diese Ungerechtigkeiten zum Teil ausgleichen.

 

  • Die Grundrente ist finanzierbar. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schätzt die jährlich benötigten Haushaltsmittel auf 4 bis 6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: die von der Union geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Spitzenverdiener würde den Bundeshaushalt um 10 Milliarden Euro jährlich erleichtern. Die ebenfalls von der Union forcierte Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auf 1,5% des BIPs würde ca. 12 Milliarden Euro jährlich zusätzlich kosten.

 

Die gesellschaftlichen und medialen Reaktionen geben dem Konzept recht. Es zeigt sich, dass die Diskussion um die Grundrente sowohl geeignet ist, das eigene sozialpolitische Profil zu schärfen, als auch wieder eine Polarisierung zwischen SPD und Union herzustellen. Ziel muss es sein, dass die Bürger*innen die SPD wieder als die Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrnehmen, die die Gesellschaft auch tatsächlich gestalten will. Damit kann sowohl eine Abgrenzung zur Union, als auch zu den Linken und Grünen gelingen.

 

Die Grundrente liefert einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut und zur Beseitigung von gefühlten und realen Ungerechtigkeiten im Rentensystem. Jedoch handelt es sich noch nicht um eine ganzheitliche Reform des Rentensystems. Sie ist ein wichtiger und notwendiger erster Schritt, jedoch dürfen wir nicht bei der Grundrente aufhören. Vielmehr sollten der Geist und das Moment des Vorschlags genutzt werden, um auch für die Menschen, die nicht unter die Grundrente fallen, sowie für die gesamte Rentenversicherung allgemein, solidarische und zukunftsfeste Konzepte zu erarbeiten. Dabei muss zwangsläufig beachtet werden:

 

  • Auch für Menschen, die weniger als 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben, und deshalb Rente unterhalb der Grundsicherung beziehen und aufstocken, muss eine Lösung gefunden werden. Dies betrifft insbesondere Erwerbsminderungsrenter*innen. Auch sie verdienen es ihren Lebensabend in Würde und frei von Altersamut verbringen zu können. Die Anhebung des Grundsicherungssatzes auf ein menschenwürdiges Niveau, dass deutlich über dem Existenzminimum liegt, ist deshalb zwingend notwendig. Der Freibetrag von 25% der individuellen Rente für die Grundsicherung, der im Rahmen der Grundrente vorgeschlagen wird, sollte deshalb für alle Renter*innen gelten und nicht nur auf jene begrenzt sein, die 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben. Wer in die Rentenkasse eingezahlt hat verdient mehr als die Grundsicherung – unabhängig von den Beitragsjahren.
  • Langfristig reicht es nicht das Rentenniveau bis 2040 auf den aktuellen Wert von 48% festzuschreiben. Dies ist zwar eine zwingend notwendige Absicherung nach unten, kann aber nicht die Zielvorgabe sein. Es müssen Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, die die Finanzierung der Rentenkassen langfristig gewährleisten und deutlich verbessern, damit eine Erhöhung des Rentenniveaus auf einen Wert jenseits der 50% wieder möglich ist.
  • Digitalisierung und Automatisierung werden die Arbeitswelt in den nächsten Jahrzehnten Transformieren. In vielen Bereichen wird die Arbeitszeit kürzer, Grenzen zwischen Berufsbildern unklarer, Qualifikationen und Umschulungen im Erwerbsleben gängiger. Die Zeit, in der Menschen 45 Jahre denselben Beruf im selben Betrieb ausüben, sind bereits jetzt weitestgehend vorbei. Gleichzeit werden Roboter, Algorithmen und Künstliche Intelligenzen Arbeit leisten, die vorher Menschen ausgeübt haben. In die Sozialversicherungen zahlen sie aber natürlich nicht ein. Deshalb wird es in den Sektoren und Betrieben, die zunehmend von Digitalisierung und Automatisierung profitieren, notwendig sein den Arbeitgeber*innenbeitrag zur Sozialversicherung zu erhöhen oder Aufschläge zu berechnen, um die Rentenkassen weiterhin zu finanzieren.
  • Wie bereits im SPD Konzept der Bürger*innenversicherung vorgesehen, muss eine Integration von Selbstständigen und Beamt*innen auch im Bereich der Rentenversicherung angestrebt werden. Eine Verbreiterung der Basis an Einzahlenden verbessert die Finanzierung der Rentenversicherung und schafft Parität zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Gerade Beamt*innen als Berufsgruppe mit stabilen, dauerhaften Einkommen auf auskömmlichem Niveau können einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten. Für Selbstständige, die de facto sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen Beiträge zahlen würden, müssen neue Wege gefunden werden. So kann beispielweise bei einer solchen Doppelbelastung über eine Verdoppelung der Entgeltpunkte oder einen Zusatzfaktor bei der Berechnung nachgedacht werden. Unternehmerisches Risiko würde so abgesichert.

 

  • Die SPD war in den frühen 2000er Jahren maßgeblich daran beteiligt mit dem staatlich subventionierten Finanzprodukt der Riesterrente Millionen von Menschen in die private Altersvorsorge zu bringen. Für viele hat sich diese jedoch – insbesondere in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen – als eine Falle entpuppt. Wer heute eine Riesterrente unter dem Niveau der Grundsicherung erhält, dem wird diese komplett auf die Grundsicherung angerechnet – Altersarmut trotz gesammelten Beitragsjahren. Die SPD steht hier besonders in der Verantwortung. Ähnlich wie in der Grundrente muss auch für Rentner*innen in der privaten Säule ein Freibetrag für die Grundsicherung eingeführt werden, sodass jahrzehntelange Arbeit und Beiträge nicht einfach verpuffen.
  • Letztendlich bleibt der beste Weg Altersamut vorzubeugen und die Rentenkassen zu füllen die Förderung und Absicherung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wir fordern deshalb:

 

  • Das ausnahmslose Verbot von sachgrundlosen Befristungen

 

  • die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem ersten Euro unter Ausweitung der Gleitzonenregelung für Sozialversicherungsbeiträge

 

  • die Konsequente Kontrolle und Unterbindung von scheinselbstständigen Beschäftigungsverhältnissen und die klare Verpflichtung von Plattformen als Arbeitgeber*innen, die ihren Anteil in die Sozialversicherungssysteme einzahlen.

 

  • Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens 12€ pro Stunde
Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar das Konzept zur sogenannten Grundrente vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Zuschlag für Menschen, die mindestens 35 Jahre Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit vorweisen können. Der Zuschlag wird anhand der in diesem Zeitraum erworbenen Entgeltpunkte berechnet. Die Bedürftigkeitsprüfung, und die damit verbundene Notwendigkeit die eigenen Rentenansprüche persönlich bei der Rentenversicherung nachweisen und einfordern zu müssen, entfällt. Dazu kommt ein Freibetrag bei der Grundsicherung von 25% der individuellen Rente (maximal 106€) für Arbeitnehmer*innen, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, sowie ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld von 125€. Diese drei Maßnahmen sollen zusammen dafür sorgen, dass Renter*innen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, an ihrem Lebensende eine Rente beziehen können die deutlich über der Grundsicherung liegt. Eine Person, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns gearbeitet hat, bekäme nach der Grundrente eine monatliche Rente von 960€, anstatt 512€ nach aktuellem Berechnungssystem. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales würden zwischen 3 und 4 Millionen Menschen in Deutschland von der Grundrente profitieren.

 

Wir unterstützen das Konzept der Grundrente ausdrücklich. Die Vorzüge liegen auf der Hand:

 

  • Menschen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, fallen mit dem Renteneintritt nicht plötzlich auf das Niveau der Grundsicherung zurück. Der Staat macht damit klar: wer seinen Beitrag zur Gesellschaft geleistet hat, kann sich am Ende auch auf ihre Solidarität verlassen.
  • Der Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung entfernt eine Hürde, die viele Betroffene als abschreckend und erniedrigend empfinden. Anstelle eines „Nackigmachens“ vor Sachbearbeiter*innen tritt Verbindlichkeit und Sicherheit.
  • Gerade Frauen profitieren in größerem Maße von der Grundrente. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist heute noch immer nicht erreicht. Kindererziehung und Care Arbeit wird überproportional von Frauen ausgeübt. Die Beitragsjahre sind deshalb weniger, und die Beitragszahlungen im Schnitt geringer als bei Männern. Die Grundrente kann diese Ungerechtigkeiten zum Teil ausgleichen.
  • Die Grundrente ist finanzierbar. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schätzt die jährlich benötigten Haushaltsmittel auf 4 bis 6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: die von der Union geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Spitzenverdiener würde den Bundeshaushalt um 10 Milliarden Euro jährlich erleichtern. Die ebenfalls von der Union forcierte Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auf 1,5% des BIPs würde ca. 12 Milliarden Euro jährlich zusätzlich kosten.

 

Die gesellschaftlichen und medialen Reaktionen geben dem Konzept recht. Es zeigt sich, dass die Diskussion um die Grundrente sowohl geeignet ist, das eigene sozialpolitische Profil zu schärfen, als auch wieder eine Polarisierung zwischen SPD und Union herzustellen. Ziel muss es sein, dass die Bürger*innen die SPD wieder als die Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrnehmen, die die Gesellschaft auch tatsächlich gestalten will. Damit kann sowohl eine Abgrenzung zur Union, als auch zu den Linken und Grünen gelingen.

 

Die Grundrente liefert einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut und zur Beseitigung von gefühlten und realen Ungerechtigkeiten im Rentensystem. Jedoch handelt es sich noch nicht um eine ganzheitliche Reform des Rentensystems. Sie ist ein wichtiger und notwendiger erster Schritt, jedoch dürfen wir nicht bei der Grundrente aufhören. Vielmehr sollten der Geist und das Moment des Vorschlags genutzt werden, um auch für die Menschen, die nicht unter die Grundrente fallen, sowie für die gesamte Rentenversicherung allgemein, solidarische und zukunftsfeste Konzepte zu erarbeiten. Dabei muss zwangsläufig beachtet werden:

 

  • Auch für Menschen, die weniger als 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben, und deshalb Rente unterhalb der Grundsicherung beziehen und aufstocken, muss eine Lösung gefunden werden. Dies betrifft insbesondere Erwerbsminderungsrenter*innen. Auch sie verdienen es ihren Lebensabend in Würde und frei von Altersamut verbringen zu können. Die Anhebung des Grundsicherungssatzes auf ein menschenwürdiges Niveau, dass deutlich über dem Existenzminimum liegt, ist deshalb zwingend notwendig. Der Freibetrag von 25% der individuellen Rente für die Grundsicherung, der im Rahmen der Grundrente vorgeschlagen wird, sollte deshalb für alle Renter*innen gelten und nicht nur auf jene begrenzt sein, die 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben. Wer in die Rentenkasse eingezahlt hat verdient mehr als die Grundsicherung – unabhängig von den Beitragsjahren.
  • Langfristig reicht es nicht das Rentenniveau bis 2040 auf den aktuellen Wert von 48% festzuschreiben. Dies ist zwar eine zwingend notwendige Absicherung nach unten, kann aber nicht die Zielvorgabe sein. Es müssen Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, die die Finanzierung der Rentenkassen langfristig gewährleisten und deutlich verbessern, damit eine Erhöhung des Rentenniveaus auf einen Wert jenseits der 50% wieder möglich ist.
  • Wie bereits im SPD Konzept der Bürger*innenversicherung vorgesehen, muss eine Integration von Selbstständigen und Beamt*innen auch im Bereich der Rentenversicherung angestrebt werden. Eine Verbreiterung der Basis an Einzahlenden verbessert die Finanzierung der Rentenversicherung und schafft Parität zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Gerade Beamt*innen als Berufsgruppe mit stabilen, dauerhaften Einkommen auf auskömmlichem Niveau können einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten. Für Selbstständige, die de facto sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen Beiträge zahlen würden, müssen neue Wege gefunden werden. So kann beispielweise bei einer solchen Doppelbelastung über eine Verdoppelung der Entgeltpunkte oder einen Zusatzfaktor bei der Berechnung nachgedacht werden. Unternehmerisches Risiko würde so abgesichert.
  • Die SPD war in den frühen 2000er Jahren maßgeblich daran beteiligt mit dem staatlich subventionierten Finanzprodukt der Riesterrente Millionen von Menschen in die private Altersvorsorge zu bringen. Für viele hat sich diese jedoch – insbesondere in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen – als eine Falle entpuppt. Wer heute eine Riesterrente unter dem Niveau der Grundsicherung erhält, dem wird diese komplett auf die Grundsicherung angerechnet – Altersarmut trotz gesammelten Beitragsjahren. Die SPD steht hier besonders in der Verantwortung. Ähnlich wie in der Grundrente muss auch für Rentner*innen in der privaten Säule ein Freibetrag für die Grundsicherung eingeführt werden, sodass jahrzehntelange Arbeit und Beiträge nicht einfach verpuffen.
  • Letztendlich bleibt der beste Weg Altersamut vorzubeugen und die Rentenkassen zu füllen die Förderung und Absicherung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wir fordern deshalb:
  • Das ausnahmslose Verbot von sachgrundlosen Befristungen
  • die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem ersten Euro unter Ausweitung der Gleitzonenregelung für Sozialversicherungsbeiträge
  • die Konsequente Kontrolle und Unterbindung von scheinselbstständigen Beschäftigungsverhältnissen und die klare Verpflichtung von Plattformen als Arbeitgeber*innen, die ihren Anteil in die Sozialversicherungssysteme einzahlen.
  • Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens 12€ pro Stunde

 

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar das Konzept zur sogenannten Grundrente vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Zuschlag für Menschen, die mindestens 35 Jahre Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit vorweisen können. Der Zuschlag wird anhand der in diesem Zeitraum erworbenen Entgeltpunkte berechnet. Die Bedürftigkeitsprüfung, und die damit verbundene Notwendigkeit die eigenen Rentenansprüche persönlich bei der Rentenversicherung nachweisen und einfordern zu müssen, entfällt. Dazu kommt ein Freibetrag bei der Grundsicherung von 25% der individuellen Rente (maximal 106€) für Arbeitnehmer*innen, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, sowie ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld von 125€. Diese drei Maßnahmen sollen zusammen dafür sorgen, dass Renter*innen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, an ihrem Lebensende eine Rente beziehen können die deutlich über der Grundsicherung liegt. Eine Person, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns gearbeitet hat, bekäme nach der Grundrente eine monatliche Rente von 960€, anstatt 512€ nach aktuellem Berechnungssystem. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales würden zwischen 3 und 4 Millionen Menschen in Deutschland von der Grundrente profitieren.

 

Wir unterstützen das Konzept der Grundrente ausdrücklich. Die Vorzüge liegen auf der Hand:

 

  • Menschen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, fallen mit dem Renteneintritt nicht plötzlich auf das Niveau der Grundsicherung zurück. Der Staat macht damit klar: wer seinen Beitrag zur Gesellschaft geleistet hat, kann sich am Ende auch auf ihre Solidarität verlassen.
  • Der Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung entfernt eine Hürde, die viele Betroffene als abschreckend und erniedrigend empfinden. Anstelle eines „Nackigmachens“ vor Sachbearbeiter*innen tritt Verbindlichkeit und Sicherheit.
  • Gerade Frauen profitieren in größerem Maße von der Grundrente. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist heute noch immer nicht erreicht. Kindererziehung und Care Arbeit wird überproportional von Frauen ausgeübt. Die Beitragsjahre sind deshalb weniger, und die Beitragszahlungen im Schnitt geringer als bei Männern. Die Grundrente kann diese Ungerechtigkeiten zum Teil ausgleichen.
  • Die Grundrente ist finanzierbar. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schätzt die jährlich benötigten Haushaltsmittel auf 4 bis 6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: die von der Union geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Spitzenverdiener würde den Bundeshaushalt um 10 Milliarden Euro jährlich erleichtern. Die ebenfalls von der Union forcierte Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auf 1,5% des BIPs würde ca. 12 Milliarden Euro jährlich zusätzlich kosten.

 

Die gesellschaftlichen und medialen Reaktionen geben dem Konzept recht. Es zeigt sich, dass die Diskussion um die Grundrente sowohl geeignet ist, das eigene sozialpolitische Profil zu schärfen, als auch wieder eine Polarisierung zwischen SPD und Union herzustellen. Ziel muss es sein, dass die Bürger*innen die SPD wieder als die Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrnehmen, die die Gesellschaft auch tatsächlich gestalten will. Damit kann sowohl eine Abgrenzung zur Union, als auch zu den Linken und Grünen gelingen.

 

Die Grundrente liefert einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut und zur Beseitigung von gefühlten und realen Ungerechtigkeiten im Rentensystem. Jedoch handelt es sich noch nicht um eine ganzheitliche Reform des Rentensystems. Sie ist ein wichtiger und notwendiger erster Schritt, jedoch dürfen wir nicht bei der Grundrente aufhören. Vielmehr sollten der Geist und das Moment des Vorschlags genutzt werden, um auch für die Menschen, die nicht unter die Grundrente fallen, sowie für die gesamte Rentenversicherung allgemein, solidarische und zukunftsfeste Konzepte zu erarbeiten. Dabei muss zwangsläufig beachtet werden:

 

  • Auch für Menschen, die weniger als 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben, und deshalb Rente unterhalb der Grundsicherung beziehen und aufstocken, muss eine Lösung gefunden werden. Dies betrifft insbesondere Erwerbsminderungsrenter*innen. Auch sie verdienen es ihren Lebensabend in Würde und frei von Altersamut verbringen zu können. Die Anhebung des Grundsicherungssatzes auf ein menschenwürdiges Niveau, dass deutlich über dem Existenzminimum liegt, ist deshalb zwingend notwendig. Der Freibetrag von 25% der individuellen Rente für die Grundsicherung, der im Rahmen der Grundrente vorgeschlagen wird, sollte deshalb für alle Renter*innen gelten und nicht nur auf jene begrenzt sein, die 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben. Wer in die Rentenkasse eingezahlt hat verdient mehr als die Grundsicherung – unabhängig von den Beitragsjahren.
  • Langfristig reicht es nicht das Rentenniveau bis 2040 auf den aktuellen Wert von 48% festzuschreiben. Dies ist zwar eine zwingend notwendige Absicherung nach unten, kann aber nicht die Zielvorgabe sein. Es müssen Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, die die Finanzierung der Rentenkassen langfristig gewährleisten und deutlich verbessern, damit eine Erhöhung des Rentenniveaus auf einen Wert jenseits der 50% wieder möglich ist.
  • Digitalisierung und Automatisierung werden die Arbeitswelt in den nächsten Jahrzehnten Transformieren. In vielen Bereichen wird die Arbeitszeit kürzer, Grenzen zwischen Berufsbildern unklarer, Qualifikationen und Umschulungen im Erwerbsleben gängiger. Die Zeit, in der Menschen 45 Jahre denselben Beruf im selben Betrieb ausüben, sind bereits jetzt weitestgehend vorbei. Gleichzeit werden Roboter, Algorithmen und Künstliche Intelligenzen Arbeit leisten, die vorher Menschen ausgeübt haben. In die Sozialversicherungen zahlen sie aber natürlich nicht ein. Deshalb wird es in den Sektoren und Betrieben, die zunehmend von Digitalisierung und Automatisierung profitieren, notwendig sein den Arbeitgeber*innenbeitrag zur Sozialversicherung zu erhöhen oder Aufschläge zu berechnen, um die Rentenkassen weiterhin zu finanzieren.
  • Wie bereits im SPD Konzept der Bürger*innenversicherung vorgesehen, muss eine Integration von Selbstständigen und Beamt*innen auch im Bereich der Rentenversicherung angestrebt werden. Eine Verbreiterung der Basis an Einzahlenden verbessert die Finanzierung der Rentenversicherung und schafft Parität zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Gerade Beamt*innen als Berufsgruppe mit stabilen, dauerhaften Einkommen auf auskömmlichem Niveau können einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten. Für Selbstständige, die de facto sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen Beiträge zahlen würden, müssen neue Wege gefunden werden. So kann beispielweise bei einer solchen Doppelbelastung über eine Verdoppelung der Entgeltpunkte oder einen Zusatzfaktor bei der Berechnung nachgedacht werden. Unternehmerisches Risiko würde so abgesichert.
  • Die SPD war in den frühen 2000er Jahren maßgeblich daran beteiligt mit dem staatlich subventionierten Finanzprodukt der Riesterrente Millionen von Menschen in die private Altersvorsorge zu bringen. Für viele hat sich diese jedoch – insbesondere in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen – als eine Falle entpuppt. Wer heute eine Riesterrente unter dem Niveau der Grundsicherung erhält, dem wird diese komplett auf die Grundsicherung angerechnet – Altersarmut trotz gesammelten Beitragsjahren. Die SPD steht hier besonders in der Verantwortung. Ähnlich wie in der Grundrente muss auch für Rentner*innen in der privaten Säule ein Freibetrag für die Grundsicherung eingeführt werden, sodass jahrzehntelange Arbeit und Beiträge nicht einfach verpuffen.
  • Letztendlich bleibt der beste Weg Altersamut vorzubeugen und die Rentenkassen zu füllen die Förderung und Absicherung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wir fordern deshalb:
  • Das ausnahmslose Verbot von sachgrundlosen Befristungen
  • die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem ersten Euro unter Ausweitung der Gleitzonenregelung für Sozialversicherungsbeiträge
  • die Konsequente Kontrolle und Unterbindung von scheinselbstständigen Beschäftigungsverhältnissen und die klare Verpflichtung von Plattformen als Arbeitgeber*innen, die ihren Anteil in die Sozialversicherungssysteme einzahlen.
  • Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens 12€ pro Stunde

 

Beschluss: Annahme in der Fassung der AK
Text des Beschlusses:

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar das Konzept zur sogenannten Grundrente vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Zuschlag für Menschen, die mindestens 35 Jahre Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit vorweisen können. Der Zuschlag wird anhand der in diesem Zeitraum erworbenen Entgeltpunkte berechnet. Die Bedürftigkeitsprüfung, und die damit verbundene Notwendigkeit die eigenen Rentenansprüche persönlich bei der Rentenversicherung nachweisen und einfordern zu müssen, entfällt. Dazu kommt ein Freibetrag bei der Grundsicherung von 25% der individuellen Rente (maximal 106€) für Arbeitnehmer*innen, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, sowie ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld von 125€. Diese drei Maßnahmen sollen zusammen dafür sorgen, dass Renter*innen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, an ihrem Lebensende eine Rente beziehen können die deutlich über der Grundsicherung liegt. Eine Person, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns gearbeitet hat, bekäme nach der Grundrente eine monatliche Rente von 960€, anstatt 512€ nach aktuellem Berechnungssystem. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales würden zwischen 3 und 4 Millionen Menschen in Deutschland von der Grundrente profitieren.

 

Wir unterstützen das Konzept der Grundrente ausdrücklich. Die Vorzüge liegen auf der Hand:

  • Menschen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, fallen mit dem Renteneintritt nicht plötzlich auf das Niveau der Grundsicherung zurück. Der Staat macht damit klar: wer seinen Beitrag zur Gesellschaft geleistet hat, kann sich am Ende auch auf ihre Solidarität verlassen.
  • Der Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung entfernt eine Hürde, die viele Betroffene als abschreckend und erniedrigend empfinden. Anstelle eines „Nackigmachens“ vor Sachbearbeiter*innen tritt Verbindlichkeit und Sicherheit.
  • Gerade Frauen profitieren in größerem Maße von der Grundrente. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist heute noch immer nicht erreicht. Kindererziehung und Care Arbeit wird überproportional von Frauen ausgeübt. Die Beitragsjahre sind deshalb weniger, und die Beitragszahlungen im Schnitt geringer als bei Männern. Die Grundrente kann diese Ungerechtigkeiten zum Teil ausgleichen.
  • Die Grundrente ist finanzierbar. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schätzt die jährlich benötigten Haushaltsmittel auf 4 bis 6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: die von der Union geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Spitzenverdiener würde den Bundeshaushalt um 10 Milliarden Euro jährlich erleichtern. Die ebenfalls von der Union forcierte Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auf 1,5% des BIPs würde ca. 12 Milliarden Euro jährlich zusätzlich kosten.

 

Die gesellschaftlichen und medialen Reaktionen geben dem Konzept recht. Es zeigt sich, dass die Diskussion um die Grundrente sowohl geeignet ist, das eigene sozialpolitische Profil zu schärfen, als auch wieder eine Polarisierung zwischen SPD und Union herzustellen. Ziel muss es sein, dass die Bürger*innen die SPD wieder als die Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrnehmen, die die Gesellschaft auch tatsächlich gestalten will. Damit kann sowohl eine Abgrenzung zur Union, als auch zu den Linken und Grünen gelingen.

 

Die Grundrente liefert einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut und zur Beseitigung von gefühlten und realen Ungerechtigkeiten im Rentensystem. Jedoch handelt es sich noch nicht um eine ganzheitliche Reform des Rentensystems. Sie ist ein wichtiger und notwendiger erster Schritt, jedoch dürfen wir nicht bei der Grundrente aufhören. Vielmehr sollten der Geist und das Moment des Vorschlags genutzt werden, um auch für die Menschen, die nicht unter die Grundrente fallen, sowie für die gesamte Rentenversicherung allgemein, solidarische und zukunftsfeste Konzepte zu erarbeiten. Dabei muss zwangsläufig beachtet werden:

  • Auch für Menschen, die weniger als 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben, und deshalb Rente unterhalb der Grundsicherung beziehen und aufstocken, muss eine Lösung gefunden werden. Dies betrifft insbesondere Erwerbsminderungsrenter*innen. Auch sie verdienen es ihren Lebensabend in Würde und frei von Altersamut verbringen zu können. Die Anhebung des Grundsicherungssatzes auf ein menschenwürdiges Niveau, dass deutlich über dem Existenzminimum liegt, ist deshalb zwingend notwendig. Der Freibetrag von 25% der individuellen Rente für die Grundsicherung, der im Rahmen der Grundrente vorgeschlagen wird, sollte deshalb für alle Renter*innen gelten und nicht nur auf jene begrenzt sein, die 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben. Wer in die Rentenkasse eingezahlt hat verdient mehr als die Grundsicherung – unabhängig von den Beitragsjahren.
  • Langfristig reicht es nicht das Rentenniveau bis 2040 auf den aktuellen Wert von 48% festzuschreiben. Dies ist zwar eine zwingend notwendige Absicherung nach unten, kann aber nicht die Zielvorgabe sein. Es müssen Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, die die Finanzierung der Rentenkassen langfristig gewährleisten und deutlich verbessern, damit eine Erhöhung des Rentenniveaus auf einen Wert jenseits der 50% wieder möglich ist.
  • Wie bereits im SPD Konzept der Bürger*innenversicherung vorgesehen, muss eine Integration von Selbstständigen und Beamt*innen auch im Bereich der Rentenversicherung angestrebt werden. Eine Verbreiterung der Basis an Einzahlenden verbessert die Finanzierung der Rentenversicherung und schafft Parität zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Gerade Beamt*innen als Berufsgruppe mit stabilen, dauerhaften Einkommen auf auskömmlichem Niveau können einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten. Für Selbstständige, die de facto sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen Beiträge zahlen würden, müssen neue Wege gefunden werden. So kann beispielweise bei einer solchen Doppelbelastung über eine Verdoppelung der Entgeltpunkte oder einen Zusatzfaktor bei der Berechnung nachgedacht werden. Unternehmerisches Risiko würde so abgesichert.
  • Die SPD war in den frühen 2000er Jahren maßgeblich daran beteiligt mit dem staatlich subventionierten Finanzprodukt der Riesterrente Millionen von Menschen in die private Altersvorsorge zu bringen. Für viele hat sich diese jedoch – insbesondere in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen – als eine Falle entpuppt. Wer heute eine Riesterrente unter dem Niveau der Grundsicherung erhält, dem wird diese komplett auf die Grundsicherung angerechnet – Altersarmut trotz gesammelten Beitragsjahren. Die SPD steht hier besonders in der Verantwortung. Ähnlich wie in der Grundrente muss auch für Rentner*innen in der privaten Säule ein Freibetrag für die Grundsicherung eingeführt werden, sodass jahrzehntelange Arbeit und Beiträge nicht einfach verpuffen.
  • Letztendlich bleibt der beste Weg Altersamut vorzubeugen und die Rentenkassen zu füllen die Förderung und Absicherung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wir fordern deshalb:
  • Das ausnahmslose Verbot von sachgrundlosen Befristungen
  • die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem ersten Euro unter Ausweitung der Gleitzonenregelung für Sozialversicherungsbeiträge
  • die Konsequente Kontrolle und Unterbindung von scheinselbstständigen Beschäftigungsverhältnissen und die klare Verpflichtung von Plattformen als Arbeitgeber*innen, die ihren Anteil in die Sozialversicherungssysteme einzahlen.
  • Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens 12€ pro Stunde

 

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat im Februar das Konzept zur sogenannten Grundrente vorgelegt. Dabei handelt es sich um einen Zuschlag für Menschen, die mindestens 35 Jahre Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit vorweisen können. Der Zuschlag wird anhand der in diesem Zeitraum erworbenen Entgeltpunkte berechnet. Die Bedürftigkeitsprüfung, und die damit verbundene Notwendigkeit die eigenen Rentenansprüche persönlich bei der Rentenversicherung nachweisen und einfordern zu müssen, entfällt. Dazu kommt ein Freibetrag bei der Grundsicherung von 25% der individuellen Rente (maximal 106€) für Arbeitnehmer*innen, die mindestens 35 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben, sowie ein pauschaler Freibetrag beim Wohngeld von 125€. Diese drei Maßnahmen sollen zusammen dafür sorgen, dass Renter*innen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, an ihrem Lebensende eine Rente beziehen können die deutlich über der Grundsicherung liegt. Eine Person, die 40 Jahre auf dem Niveau des Mindestlohns gearbeitet hat, bekäme nach der Grundrente eine monatliche Rente von 960€, anstatt 512€ nach aktuellem Berechnungssystem. Nach Berechnungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales würden zwischen 3 und 4 Millionen Menschen in Deutschland von der Grundrente profitieren.

 

Wir unterstützen das Konzept der Grundrente ausdrücklich. Die Vorzüge liegen auf der Hand:

  • Menschen, die den Großteil ihres Lebens gearbeitet haben, fallen mit dem Renteneintritt nicht plötzlich auf das Niveau der Grundsicherung zurück. Der Staat macht damit klar: wer seinen Beitrag zur Gesellschaft geleistet hat, kann sich am Ende auch auf ihre Solidarität verlassen.
  • Der Wegfall der Bedürftigkeitsprüfung entfernt eine Hürde, die viele Betroffene als abschreckend und erniedrigend empfinden. Anstelle eines „Nackigmachens“ vor Sachbearbeiter*innen tritt Verbindlichkeit und Sicherheit.
  • Gerade Frauen profitieren in größerem Maße von der Grundrente. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist heute noch immer nicht erreicht. Kindererziehung und Care Arbeit wird überproportional von Frauen ausgeübt. Die Beitragsjahre sind deshalb weniger, und die Beitragszahlungen im Schnitt geringer als bei Männern. Die Grundrente kann diese Ungerechtigkeiten zum Teil ausgleichen.
  • Die Grundrente ist finanzierbar. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schätzt die jährlich benötigten Haushaltsmittel auf 4 bis 6 Milliarden Euro. Zum Vergleich: die von der Union geforderte Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Spitzenverdiener würde den Bundeshaushalt um 10 Milliarden Euro jährlich erleichtern. Die ebenfalls von der Union forcierte Erhöhung des Verteidigungshaushaltes auf 1,5% des BIPs würde ca. 12 Milliarden Euro jährlich zusätzlich kosten.

 

Die gesellschaftlichen und medialen Reaktionen geben dem Konzept recht. Es zeigt sich, dass die Diskussion um die Grundrente sowohl geeignet ist, das eigene sozialpolitische Profil zu schärfen, als auch wieder eine Polarisierung zwischen SPD und Union herzustellen. Ziel muss es sein, dass die Bürger*innen die SPD wieder als die Partei der sozialen Gerechtigkeit wahrnehmen, die die Gesellschaft auch tatsächlich gestalten will. Damit kann sowohl eine Abgrenzung zur Union, als auch zu den Linken und Grünen gelingen.

 

Die Grundrente liefert einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Altersarmut und zur Beseitigung von gefühlten und realen Ungerechtigkeiten im Rentensystem. Jedoch handelt es sich noch nicht um eine ganzheitliche Reform des Rentensystems. Sie ist ein wichtiger und notwendiger erster Schritt, jedoch dürfen wir nicht bei der Grundrente aufhören. Vielmehr sollten der Geist und das Moment des Vorschlags genutzt werden, um auch für die Menschen, die nicht unter die Grundrente fallen, sowie für die gesamte Rentenversicherung allgemein, solidarische und zukunftsfeste Konzepte zu erarbeiten. Dabei muss zwangsläufig beachtet werden:

  • Auch für Menschen, die weniger als 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben, und deshalb Rente unterhalb der Grundsicherung beziehen und aufstocken, muss eine Lösung gefunden werden. Dies betrifft insbesondere Erwerbsminderungsrenter*innen. Auch sie verdienen es ihren Lebensabend in Würde und frei von Altersamut verbringen zu können. Die Anhebung des Grundsicherungssatzes auf ein menschenwürdiges Niveau, dass deutlich über dem Existenzminimum liegt, ist deshalb zwingend notwendig. Der Freibetrag von 25% der individuellen Rente für die Grundsicherung, der im Rahmen der Grundrente vorgeschlagen wird, sollte deshalb für alle Renter*innen gelten und nicht nur auf jene begrenzt sein, die 35 Beitragsjahre vorzuweisen haben. Wer in die Rentenkasse eingezahlt hat verdient mehr als die Grundsicherung – unabhängig von den Beitragsjahren.
  • Langfristig reicht es nicht das Rentenniveau bis 2040 auf den aktuellen Wert von 48% festzuschreiben. Dies ist zwar eine zwingend notwendige Absicherung nach unten, kann aber nicht die Zielvorgabe sein. Es müssen Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt werden, die die Finanzierung der Rentenkassen langfristig gewährleisten und deutlich verbessern, damit eine Erhöhung des Rentenniveaus auf einen Wert jenseits der 50% wieder möglich ist.
  • Digitalisierung und Automatisierung werden die Arbeitswelt in den nächsten Jahrzehnten Transformieren. In vielen Bereichen wird die Arbeitszeit kürzer, Grenzen zwischen Berufsbildern unklarer, Qualifikationen und Umschulungen im Erwerbsleben gängiger. Die Zeit, in der Menschen 45 Jahre denselben Beruf im selben Betrieb ausüben, sind bereits jetzt weitestgehend vorbei. Gleichzeit werden Roboter, Algorithmen und Künstliche Intelligenzen Arbeit leisten, die vorher Menschen ausgeübt haben. In die Sozialversicherungen zahlen sie aber natürlich nicht ein. Deshalb wird es in den Sektoren und Betrieben, die zunehmend von Digitalisierung und Automatisierung profitieren, notwendig sein den Arbeitgeber*innenbeitrag zur Sozialversicherung zu erhöhen oder Aufschläge zu berechnen, um die Rentenkassen weiterhin zu finanzieren.
  • Wie bereits im SPD Konzept der Bürger*innenversicherung vorgesehen, muss eine Integration von Selbstständigen und Beamt*innen auch im Bereich der Rentenversicherung angestrebt werden. Eine Verbreiterung der Basis an Einzahlenden verbessert die Finanzierung der Rentenversicherung und schafft Parität zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Gerade Beamt*innen als Berufsgruppe mit stabilen, dauerhaften Einkommen auf auskömmlichem Niveau können einen erheblichen Beitrag zur Stabilisierung der Rentenversicherung leisten. Für Selbstständige, die de facto sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen Beiträge zahlen würden, müssen neue Wege gefunden werden. So kann beispielweise bei einer solchen Doppelbelastung über eine Verdoppelung der Entgeltpunkte oder einen Zusatzfaktor bei der Berechnung nachgedacht werden. Unternehmerisches Risiko würde so abgesichert.
  • Die SPD war in den frühen 2000er Jahren maßgeblich daran beteiligt mit dem staatlich subventionierten Finanzprodukt der Riesterrente Millionen von Menschen in die private Altersvorsorge zu bringen. Für viele hat sich diese jedoch – insbesondere in Zeiten dauerhafter Niedrigzinsen – als eine Falle entpuppt. Wer heute eine Riesterrente unter dem Niveau der Grundsicherung erhält, dem wird diese komplett auf die Grundsicherung angerechnet – Altersarmut trotz gesammelten Beitragsjahren. Die SPD steht hier besonders in der Verantwortung. Ähnlich wie in der Grundrente muss auch für Rentner*innen in der privaten Säule ein Freibetrag für die Grundsicherung eingeführt werden, sodass jahrzehntelange Arbeit und Beiträge nicht einfach verpuffen.
  • Letztendlich bleibt der beste Weg Altersamut vorzubeugen und die Rentenkassen zu füllen die Förderung und Absicherung von sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Wir fordern deshalb:
  • Das ausnahmslose Verbot von sachgrundlosen Befristungen
  • die Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab dem ersten Euro unter Ausweitung der Gleitzonenregelung für Sozialversicherungsbeiträge
  • die Konsequente Kontrolle und Unterbindung von scheinselbstständigen Beschäftigungsverhältnissen und die klare Verpflichtung von Plattformen als Arbeitgeber*innen, die ihren Anteil in die Sozialversicherungssysteme einzahlen.
  • Die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf mindestens 12€ pro Stunde

 

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
Beschluss des Bundesparteitages 2019: Überwiesen an Kommission "Zukunft der Alterssicherung"
Überweisungs-PDF: