Antrag 68/II/2017 Resolution: Die Grundlage für unser vielfältiges Miteinander: Gemeinsame Grundwerte statt „Leitkultur“

Status:
Annahme

In der Vergangenheit hat es immer wieder den Versuch gegeben, verbindliche Werte für unser Zusammenleben zu definieren und diese in Form einer „Leitkultur“ der Gesellschaft aufzuerlegen. In diesem Zusammenhang halten wir auch den Versuch, eine „Leitkultur“ von links bzw. aus sozialdemokratischer Perspektive zu definieren, für kontraproduktiv. Unsere Haltung lautet: „Eine liberale Auslegung des Grundgesetzes ist mit der Propagierung einer deutschen Leitkultur unvereinbar.“ (Jürgen Habermas)

 

Es ist autoritär und widerspricht dem Freiheitsgedanken des Grundgesetzes, wenn ein Teil der Gesellschaft unter Rückgriff eines vermeintlichen kulturellen Kanons definiert, was für alle gelten soll.

 

Darüber hinaus wird der Begriff der „Leitkultur“ regelmäßig von rechten bzw. rechtspopulistischen Akteuren verwendet. Wir halten es für sehr gefährlich, sich diesen Begriff im politischen Diskurs aufzwingen zu lassen.

 

Unsere Gesellschaft ist geprägt durch ihre Vielfalt. Diese Vielfalt ist über die Jahrhunderte gewachsen und wird auch zukünftig zunehmen, weil die Entwicklung Deutschlands zu einer Einwanderungsgesellschaft weiter voran schreitet. Die Zusammensetzung unserer Gesellschaft ändert sich also stetig, weil die Vielfalt in unserem Land immer größer wird. Berlin als Weltmetropole, in der jede und jeder so sein kann, wie sie und er sein möchte, steht stellvertretend für diese Entwicklung.

 

Daher halten wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten es für falsch, den Versuch zu unternehmen, über den Begriff der „Leitkultur“ verbindliche Kriterien für das Zusammenleben festzulegen. Vielmehr unterliegen die Werte unseres Zusammenlebens einem dynamischen Prozess, der sich parallel zur kontinuierlich verändernden Gesellschaft entwickelt und sich so einem vorher festgelegten Kriterienkatalog entzieht.

 

Aus unserer Sicht geben die gemeinsamen Grundwerte einen ausreichenden Rahmen für unser Zusammenleben vor. In diesem wird die Würde des Menschen (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) als zentrale Wertaussage an den Anfang gestellt. Nach dieser Vorschrift wird ausschließlich der Mensch als solcher – losgelöst von seiner Heimat und Herkunft, seiner Abstammung, seines Geschlechtes usw. (siehe Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz) – in seiner Würde geschützt. Die Freiheit ist das höchste Gut. Man muss Andersdenkende und andere Lebensstile aushalten, solange sie im Einklang mit der Verfassung stehen.

 

Wir dürfen unsere eigene Identität nicht aufweichen, indem wir uns rechtsnationaler Begrifflichkeiten bedienen. Sozialdemokratie bedeutet auch, die Werte von Lassalle, Bebel und Brandt – Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität – stets zu bewahren und dafür zu kämpfen. Diese Werte sind im Angesicht von erstarkendem Rechtspopulismus nachhaltig hervorzuheben.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)