Antrag 43/II/2018 "Come on strike! Mehr Sicherheit für streikende Azubis"

Status:
Annahme

Der Streik ist das wichtigste Kampfmittel der Gewerkschaften und Beschäftigten, um ihren Forderungen gegenüber den Arbeitgeber*innen Nachdruck zu verleihen. Gleichzeitig ist ein Streik auch immer eine Ausnahmesituation, die höchste Eskalationsstufe in einer Tarifauseinandersetzung. Das Streikrecht ist an viele Bedingungen geknüpft, um rechtmäßig zu sein. So darf nicht während der Laufzeit eines Tarifvertrages gestreikt werden, ein Streik muss verhältnismäßig sein und es muss ein von einer Gewerkschaft autorisierter und betreuter Streik sein.

 

So ist es nicht verwunderlich, dass die Arbeitgeber*innenseite Streiks mit allen möglichen Mitteln verhindern will. Denn sie bedeuten Gewinneinbußen. Drohungen, Schikane und fehlender Zugang der Gewerkschaften zu Beschäftigten in einem Unternehmen gehört zur Tagesordnung. Eine Gruppe ist dem oft hilflos ausgeliefert: Auszubildende.

Jede*r Arbeitnehmer*in hat das Recht zu streiken, das im Artikel 9 des Grundgesetzes verankert ist. Und das gilt auch für Auszubildende, die ganz ausdrücklich in den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) aufgenommen sind. Wörtlich heißt es in §5: „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.“

 

Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits erstmalig in einem Urteil von 1984 festgestellt (1 AZR 342/83 vom 12.09.84 AP Nr. 81 zu Art. 9 GG). Das Streikrecht von Azubis ist aufgrund ihrer besonderen Situation auch an besondere Bedingungen geknüpft, die über die Streikregeln für ausgelernte Arbeitnehmer*innen hinausgehen. So darf das Ausbildungsziel nicht gefährdet werden, zum Beispiel bei Streiks in der Zeit der Abschlussprüfungen. Ob dieser Fall besteht, wird bei jedem Streik, bei dem die Auszubildenden in den Streik miteinbezogen werden sollen, geprüft.

 

Die DGB-Gewerkschaften berichten jedoch oft von Behauptungen der Arbeitgeber*innen, Azubis hätten kein Streikrecht. Dies verstößt jedoch gegen das Grundgesetz (Art. 9 Abs.3 Grundgesetz). Ob Auszubildende sich am Streik beteiligen dürfen, prüft im Einzelfall die zuständige Gewerkschaft und nicht die Arbeitgeber*innenseite! Arbeitsrechtliche Androhungen der Arbeitgeber*innen, wie zum Beispiel Abmahnungen, Eintragungen in Personalakten und die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses sind ausdrücklich verboten.

 

Auch Berufsschulen versuchen laut den DGB-Gewerkschaften, Auszubildenen einzureden, die Berufsschulpflicht würde über dem Streikrecht stehen. Doch auch das ist falsch: Die Streikteilnahme gilt als entschuldigte Fehlzeit und gefährdet das Ausbildungsziel nicht.

 

Daher fordern wir:

  • Festschreibung des besonderen Schutzes für streikende Auszubildende im Betriebsverfassungsgesetz
  • Ermöglichung der konsequenten Durchsetzung des Streikrechts durch Festschreibung des besonderen Schutzes für streikende Auszubildende vor, während und nach dem Streik im Betriebsverfassungsgesetzes
  • Im Betriebsverfassungsgesetzt festgeschriebene Sanktionen für Arbeitgeber*innen und Berufsschulen, die Auszubildenden das Streikrecht verbieten, bzw. die Rechtslage der Auszubildenden falsch darstellen

 

Informationspflicht der Ausbildungsstelle bis zum Abschluss des Ausbildungsvertrages gegenüber dem*der Auszubildenden über sein*ihr Streikrecht in verständlicher Weise. Innerhalb von Ausbildungsvertägen ist festzuhalten, dass der*die Auszubildende über sein*ihr Streikrecht vollständig und verständlich informiert worden ist.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme (Konsens)
Stellungnahme(n):
Beschluss des Bundesparteitages 2019: Überwiesen an SPD Bundestagsfraktion 
Überweisungs-PDF: