Antrag 175/I/2015 Aus Hamburger Fehlern lernen: Sonderrechtszonen ablehnen!

Wir fordern die sozialdemokratischen Mitglieder des Senats und des Abgeordnetenhauses auf, die Einrichtung von Sonderrechtszonen in Berlin strikt abzulehnen. Die Aufhebung der Berliner Freimengen-Regelung in Bezug auf den Besitz von Cannabis im Görlitzer Park oder Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen haben dafür gesorgt, dass in Berlin aus guten Gründen gefundene Regelungen nicht mehr an jedem Ort gleichermaßen Gültigkeit besitzen. Wir halten diesen Umstand insbesondere nach den Erfahrungen der Hamburger „Gefahrengebiete“ rechtspolitisch für nicht wünschenswert und erwiesenermaßen auch für nicht zielführend. Die gewünschten Effekte haben sich nachweislich nicht eingestellt, stattdessen wird andernorts dringend benötigtes Personal zur Durchsetzung des Sonderrechts gebunden und es stellen sich massive Verdrängungs- und Verlagerungstendenzen in andere Stadtteile ein, was sogar von Polizeigewerkschaften energisch moniert wird.

 

Die Verdrängung vermeintlicher oder tatsächlicher gesellschaftlicher Probleme an weniger prominente Orte unserer Stadt sollte niemals Teil sozialdemokratischer Innen- und Rechtspolitik sein, da sie Missstände nicht behebt sondern nur zu verstecken versucht.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt durch Abwahl Henkel (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

(vertagt vom LPT III/2016)

 

 

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LPT I/2015: Überwiesen an FA III – Innen- und Rechtspolitik

Empfehlung des Fachausschusses FA III – Innen- und Rechtspolitik: Ablehnung

 

1. Wesentlicher Inhalt

Sozialdemokratische Mitglieder des Abgeordnetenhauses und des Senats werden aufgefordert, Sonderrechtszonen strikt abzulehnen.

Als Begründung dienen die Erfahrungen mit den Hamburger „Gefahrengebieten“ sowie die Aufhebung der Freimengenregelung in Bezug auf Cannabis bzw. die Alkoholverbote an bestimmten Berliner Orten. Gewünschte Effekte durch die Sondergebiete hätten sich nachweislich nicht eingestellt und anderswo dringend benötigtes Personal werde zur Durchsetzung des Sonderrechts gebunden. Auch seien massive Verdrängungs- und Verlagerungstendenzen in andere Stadtteile zu beobachten.

2. Bewertung

Es wird empfohlen, den Antrag abzulehnen, denn es erschließen sich weder Inhalt noch Reichweite des Antrages.

 

Der Begriff der „Sonderrechtszone“ wird verwendet. Dieser ist gesetzlich nicht definiert. Zur Erläuterung wird auf die Hamburger „Gefahrengebiete“ sowie einzelne Konsum- bzw. Mitführverbote von Drogen verwiesen, die nur an bestimmten Orten gelten.

 

Bei den Hamburger „Gefahrengebieten“ geht es um eine Regelung im Hamburger Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei (§ 4 Abs. 2 PolDVG HH), die keine Entsprechung im Berliner Recht hat. Zwar gibt es auch im Berliner Recht (wie auch in den Polizeigesetzen der anderen Bundesländer) in § 21 Abs. 2, § 34 Abs. 2 Nr. 2 ASOG Reglungen zu anlass- bzw. verdachtsunabhängigen Identitätsfeststellungen an kriminalitätsbelasteten Orten. Der Ortsbezug ist räumlich enger zu verstehen als die Hamburger Regelung, die gebietsbezogen („bestimmtes Gebiet“) ist. Außerdem muss die Kriminalitätsbelastung durch Tatsachen belegt sein, während die Hamburger Regelung sich auf „konkrete Lageergebnisse“ bezieht, der nach Auffassung des OVG Hamburg, die diese Reglung für verfassungswidrig hält, insbesondere ein wertendes Element innewohnt.

 

Insofern ist zusammenfassend festzustellen, dass es eine den Hamburger „Gefahrengebieten“ entsprechende Regelung im Berliner Recht nicht gibt. Die inhaltlich durchaus Parallelen aufweisende Vorschrift im Berliner Recht gibt es in nahezu wortgleicher Fassung auch in anderen Bundesländern, so auch in Hamburg (zusätzlich zu der Regelung der Gefahrengbiete). Es bleibt daher unklar, ob sich die Forderung an die sozialdemokratischen Abgeordneten und Senatsmitglieder, Sonderrechtszonen abzulehnen, auf den Verzicht auf die zukünftige Einführung einer der Hamburger Regelung vergleichbaren Vorschrift bezieht oder sich gegen § 21 Abs. 2 ASOG und deren  Anwendung wendet bzw. sogar deren Abschaffung fordert.

 

Die Drogenmitführ- und –konsumbeschränkungen fußen wiederrum auf völlig anderen Rechtsgrundlagen (Bsp. GrünanlagenG für Parks und Grünflächen) und werden von den Bezirken angeordnet. Sie bezwecken auch nicht die Identitätsfeststellung, sondern untersagen bestimmte Nutzungen von öffentlichen Räumen und haben daher eine völlig andere, nicht vergleichbare Eingriffsqualität, als die anlasslosen Identitätsfeststellungen.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Antrag zu unbestimmt ist und dessen Intention, Inhalt und Umfang daher nicht zu ermitteln sind. Der Antrag sollte abgelehnt werden.