Antrag 62/II/2018 Für eine gerechte Bodenpolitik

Status:
Erledigt

Die Mietpreisentwicklung in deutschen Großstädten unterliegt trotz vielfacher Anstrengungen immer noch einer ansteigenden Tendenz. Die Instrumente von Kommunen und Stadtstaaten zur Mietendämpfung sind dabei weitgehend ausgeschöpft. Initiativen, wie den Berliner Bundesrats-Vorstoß zur Verschärfung der Mietpreisbremse zeigen zwar die richtigen Instrumente auf, die Erfolgsaussichten sind allerdings aufgrund der herrschenden Mehrheitsverhältnisse relativ gering.

 

Außerdem greifen diese Maßnahmen vorwiegend bei bestehenden Mietverhältnissen und im Bestandswohnungssegment. Daneben muss allerdings gewährleistet werden, dass im ausreichenden Maße neuer Wohnraum, besonders im bezahlbarem Segment, entsteht. Die Förderung von Wohnraum bei kommunalen oder landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften ist dabei ein zentraler Baustein. Die derzeitigen Eigentumsverhältnisse machen es allerdings unmöglich, dass diese Aufgabe ausschließlich von kommunalen oder landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bewerkstelligt wird. Die privaten Eigentümer stehen deswegen gerade in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten umso mehr in der Pflicht.

 

Einer der Gründe für die galoppierende Mietpreisentwicklung ist der parallel stattfindende Anstieg der Bodenpreise. In Berlin beispielsweis haben sich die Bodenrichtwerte innerhalb der vergangen zehn Jahre in Gebieten, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, mehr als verzehnfacht.

 

Deswegen fordern wir:

  • Die Einführung einer Bodenwertzuwachssteuer oder ähnlich wirkender Steuern, die leistungslosen Gewinn durch Bodenwertzuwachs abschöpft und Eigentümer baureifen Landes dazu anhält, das Land für Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Grundsteuer C kann diesem Anliegen zuträglich sein. Deswegen muss die Einführung im Sinne der oben genannten Intention konsequent verfolgt werden.
  • Die Kommission prüft eindringlich, inwieweit eine von Hans-Jochen Vogel avisierte Aufteilung von Verfügungseigentum und Nutzungseigentum für nicht durch Eigenbedarf genutztes Bauland in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (gem. §556d BGB) sinnvoll sein kann.
  • Die Abschöpfung von Planungsgewinnen (durch Umwidmung der Flächennutzung) als weiteres Instrument neben städtebaulichen Verträgen (gem. §11 BauGB), wie sie etwa im „Berliner Modell“ der kooperativen Baulandentwicklung praktiziert wird.
  • Die dadurch generierten Mittel müssen bei Berücksichtigung des Gesamtdeckungsgrundsatzes nach §7 Haushaltsgrundsätzegesetz – also des Zweckbindungsverbotes von Steuern – den kommunalen und landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zur Verfügung gestellt werden.
  • Die Rückführung von BIMA-Flächen an Kommunen muss erfolgen.

 

Der rasante Anstieg der Bodenpreise macht die Spekulation mit Boden besonders attraktiv. Baureifes oder nicht baureifes Land wird dabei unbebaut vorgehalten und nicht einer gesellschaftlich zuträglichen Wohnnutzung überführt, um in der Zukunft einen deutlich höheren Verkaufspreis zu erzielen. Diese leistungslosen Gewinne sind besonders bedenklich. Investor*innen profitieren von der besseren Erschließung durch Verkehrswege und sonstiger Infrastruktur durch die öffentliche Hand, ohne jedoch Wertsteigerung durch eigenes Zutun zu befördern. Ihre Gewinnaussichten ergeben sich einzig und allein durch Abwarten und Verstreichen von Zeit. Diesen marktwirtschaftlichen Fehlanreizen muss entgegen gewirkt werden.

 

Die zentrale Rolle von Bodenpolitik hat Hans-Jochen Vogel bereits in den 70er Jahren seinerzeit als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München und anschließend als Bundesminister angemahnt. Die Vorschläge, die auf sein Wirken hin Beschlussposition der SPD wurden und in einem Referentenentwurf seines Ministeriums mündeten, es allerdings nie zu einem Kabinettsbeschluss, geschweige denn zu einer Gesetzesverabschiedung gebracht haben, hat der Regierende Bürgermeister a.D. nun wieder aufgegriffen.

 

Es ist seinem Wirken zu verdanken, dass eine Enquete-Kommission zur nachhaltigen Bodenpolitik im Koalitionsvertrag verankert wurde. Umso mehr bedauern wir es, dass aus der angedachten Enquete-Kommission lediglich eine Expertenkommission zur Baulandgewinnung beim BMIBH geworden ist. Eine progressive Baulandpolitik scheint in dieser Konstellation kaum möglich.

 

Mit dem Einsetzen einer Kommission für Wohnungsbau beim Parteivorstand geht die SPD dagegen in die richtige Richtung, um über den Kompromiss im Koalitionsvertrag hinaus Instrumente zu entwickeln, die der angespannten Wohnungslage in Ballungsräumen gerecht werden. Dabei sollte auch das Thema Bodenpolitik eine besondere Bedeutung zukommen.

 

Die von Hans-Jochen Vogel in den 70er Jahren in die Diskussion gebrachten und nun erneut gestellten Forderungen müssen deshalb erneut in Betracht gezogen werden.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt bei Annahme der Neufassung der AK 60.1/II/2018 (Konsens)