Antrag 59/II/2014 Eigenständige Jugendpolitik im Land Berlin – Jugend für Berlin – Berlin für Jugend!

Status:
Erledigt

Berlin verjüngt sich – Berlin die wachsende Stadt

Mehr junge Menschen denn je zieht es nach Berlin. In Folge dessen verändert sich die Altersstruktur in der Bevölkerung. Die Zahl der jungen Familien nimmt zu, es werden jährlich mehr Kinder geboren. Die Nachfrage nach Kita – und Schulplätzen aber auch nach einer umfassenden Jugendarbeit als besondere Orte der außerschulischen Bildung steigt wieder. Die Auswirkungen sind auch auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt zu spüren. Das jahrelang verfolgte demographische Konzept einer alternden Stadt greift bei dieser Entwicklung zu kurz.

Zu kurz greift auch eine Jugendpolitik, die sich als Jugendhilfepolitik auf die Umsetzung der individuellen Rechtsansprüche des SGB VIII reduziert. Jugendpolitik ist Politik für alle Kinder und junge Menschen. Sie beschränkt sich nicht auf randständige und benachteiligte Jugendliche und sie endet auch nicht mit dem 18. Lebensjahr. Im Gegenteil: Jugendpolitik  fördert und unterstützt die Lebenschancen aller jungen Menschen. Insofern ist Jugendpolitik Querschnittspolitik.

Berlin – eine Stadt mit Perspektive für alle jungen Menschen in Vielfalt

Wenn Berlin diesem Anspruch genügen will erfordert es vorrangig:

  • Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für junge Menschen, auch in den Innenstadtquartieren
  • Aktive nachhaltige Ausbildungs- und Arbeitsmarktpolitik für junge Menschen, die ihnen eine Perspektive im Erwerbsleben bietet
  • Aktive Gestaltung einer nachhaltigen Inklusionspolitik für alle jungen Menschen in dieser Stadt, unabhängig von ihrer sozialen und ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Orientierung.

 

Berlin – eine Stadt als Bildungslandschaft

Wenn Berlin die Chancen seiner jungen Menschen verbessern will, wird benötigt:

  • Qualität der Kitas weiter verbessern
  • Weiterentwicklung der Ganztagsschule als Ort der Kooperation von freien Trägern mit Schule.
  • Schaffung eines an den jungen Menschen ausgerichteten Lernklimas in allen Bildungseinrichtungen, das zur Schaffung einer umfassend gebildeten und zur gesellschaftlichen Teilhabe fähigen Persönlichkeit beiträgt.
  • Inklusionsprozesse aller Menschen in einem Sozialraum müssen auch am Ort Schule gestaltet werden, dazu muss sich Schule dem Sozialraum öffnen.
  • Verabschiedung eines Jugendfördergesetztes um so eine langfristige Planungssicherheit für Angebote der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit zu schaffen, die auskömmlich finanziert sind.
  • Jugendberufsagenturen für alle Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufbauen und verstetigen.
  • Studien- und Ausbildungsbedingungen verbessern

 

Allianz mit der Jugend

Als Berliner SPD setzen wir uns daher für eine konsequente Entwicklung  einer Eigenständigen Jugendpolitik im Land Berlin unter stärkerer Beteiligung von Jugendlichen und jungen Menschen ein. Denn sie sind die Expertinnen und Experten ihres eigenen Lebensumfeldes. Berlin will nicht nur eine Allianz für die Jugend, Berlin will eine Allianz mit der Jugend. Berlin bietet hierzu eine gute Ausgangslage.

  • Mit dem „Abkommen für die Jugend“, welches 2009 vom Land Berlin und dem Landesjugendring unterzeichnet wurde, hat Berlin bereits einen Schritt in Richtung Eigenständige Jugendpolitik unternommen. Hierbei wurde Jugendpolitik nicht nur als Querschnittspolitik definiert, sondern auch anhand konkreter Politikbereiche (Integration, Bildung, Arbeit und Ausbildung, Soziale Sicherheit, Kultur, Stadtentwicklung) dargestellt und thematisiert, welche Auswirkungen dieses Postulat hat.
  • Der durch das „Abkommen für die Jugend“ initiierte Runde Tisch Jugend orientiert sich primär an den Schnittstellen zu den wesentlichen Politikfeldern, da nicht nur Vertretungen von Jugendinteressen, sondern auch Verantwortliche aus anderen Bereichen (Tarifpartner, Bezirke, Abgeordnetenhaus, Liga) mit am Tisch sitzen.
  • Weitere Aktivitäten, wie der von der SPD initiierte Jugend-Demokratiefonds, ermöglichen es Jugendlichen, selbstverantwortlich eigene Partizipationsprojekte umzusetzen und bieten ihnen ein Forum sich an der Formulierung einer eigenständigen Jugendpolitik zu beteiligen.

 

An diesen Aktivitäten gilt es anzusetzen, sie zu wirksamen Instrumenten der Beteiligung junger Menschen an der Formulierung einer Eigenständigen Jugendpolitik auszubauen.

 

Eigenständige Jugendpolitik

Eigenständige Jugendpolitik setzt an den Lebenswelten aller Jugendlichen an. Die Gestaltung der Lebenswelten von und mit Jugendlichen ist Kernelement einer Eigenständigen Jugendpolitik aus sozialdemokratischer Perspektive. Eigenständige Jugendpolitik sieht junge Menschen mit ihren Rechten, Pflichten und Stärken und Möglichkeiten und nicht nur als Träger von Defiziten. Sie ist damit keine Sozialpolitik. Jugendliche wollen und können als Heranwachsende ihr Leben vielfältig selbst gestalten. Dafür müssen sie geeignete Rahmenbedingungen und Unterstützung vorfinden. Eigenständige Jugendpolitik nimmt die Jugendphase in öffentlicher Verantwortung als Ganzes in den Blick und reduziert sich deshalb nicht nur auf die Kinder- und Jugendhilfepolitik. Unter Berücksichtigung der vielfältigen und sich zunehmend auseinander entwickelnden Lebenswelten der Jugendlichen ist es deshalb besondere Herausforderung einer „guten“ Jugendpolitik, konsequent das in § 1 SGB VIII formulierte „Recht auf Förderung [der] Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen  Persönlichkeit“ umzusetzen. Neben der Kinder- und Jugendhilfepolitik sind deshalb alle Politikfelder,  da sie Einfluss auf die Lebenswelten Jugendlicher haben, in der Verantwortung für ein gelingendes Aufwachsen. Konkrete Herausforderung an die Politik ist es, die Belange und Sichtweisen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen stärker in den Fokus zu nehmen. Die notwendigen Freiräume zum Erleben, Ausprobieren, Bilden und für die eigenständige Persönlichkeitsentwicklung zu erhalten bzw. zu schaffen.

Die für Jugend unmittelbar zuständigen politischen Institutionen auf Landes- und Bezirksebene müssen damit auch die Rolle einer „Anwältin“ jugendspezifischer Belange gegenüber anderen Institutionen wahrnehmen. Daran und an der Formulierung dieser Belange sind Jugendliche angemessen zu beteiligen.  Nur durch die wirkliche Beteiligung von Jugendlichen und von ihnen selbstorganisierter Interessensvertretungen kann die Ausgestaltung einer Eigenständigen Jugendpolitik im Interesse junger Menschen gelingen.

 

Für die konsequente Entwicklung und Implementierung einer eigenständigen Jugendpolitik im Sinne einer „guten Jugendpolitik“ bekennt sich die Berliner SPD  zum Beschluss des Parteikonvents. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Politik auch auf Landesebene noch stärker als bisher von und mit Jugendlichen gedacht und gestaltet wird. Um dieses zu erreichen, bedarf es eines Umdenkens in Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik, aber auch einer stärkeren Aktivierung von Jugendlichen verbunden mit verbesserten Beteiligungsmöglichkeiten.  Die Interessen der jungen Menschen müssen im Mittelpunkt des politischen Handelns stehen und Politikbereiche müssen ihr Handeln im Sinne einer Querschnittspolitik für junge Menschen ausrichten. Dazu gilt es das „Abkommen für die Jugend“ und den Runden Tisch Jugend zu einem zentralen Element der Eigenständigen Jugendpolitik in Berlin weiterzuentwickeln und seine politische Reichweite zu erweitern.

 

Jugendbeteiligung neu organisieren

Im Rahmen der Entwicklung einer neuen, eigenständigen Jugendpolitik sind nachhaltig angelegte neue Beteiligungsmöglichkeiten zu erproben, die bestehende Erfahrungen (u.a. die bezirklichen Partizipationsmöglichkeiten, das jährlich stattfindende Jugendforum, die Ergebnisse des Runden Tisch im Dialog) mit einbeziehen. Diese Beteiligungsprozesse müssen dauerhaft angelegt  sein, um so Jugendlichen eine nachhaltige aktive Teilhabe an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen zu ermöglichen. Jugend betreffende Themen sollen in Internetforen und Bezirksforen nacheinander abgearbeitet werden. Sie betreffen sowohl die Problembereiche, wie sie derzeit von der Politik und den Vertretungen von Jugendinteressen benannt werden. Es sollte aber auch versucht werden, die Jugend zur Formulierung eigener Themen zu gewinnen. Die Internetforen sollten von der Senatsjugendverwaltung und die Bezirksforen von den Abteilungen Jugend der Bezirke verantwortet werden. Die Durchführung kann freien Trägern übertragen werden. Die Ergebnisse sollen an einem deutlich erweiterten Runden Tisch Jugend zusammengefasst und im Jugendforum präsentiert werden. Anschließend werden sie dem Senat zur Stellungnahme und mit dieser dem Abgeordnetenhaus zugeleitet.

Der Runde Tisch muss durch Jugendliche aus den Bezirken, Schüler- und Auszubildendenvertretungen und Studierende erweitert werden.
Die für Jugend zuständige Senatsverwaltung wird gebeten noch in dieser Legislatur ein entsprechendes Jugendbeteiligungskonzept vor zu legen.
Die Berliner SPD will die jungen Menschen Berlins besonders:

  • Bei der Schaffung von neuem Wohnraum in der Stadt
  • Bei der Ausbildungs- und Arbeitsmarktpolitik
  • Bei der Stadtgestaltung
  • Bei der Entwicklung von Schulen und Hochschulen
  • Bei der Gestaltung von Inklusionsprozessen
  • Bei der Ausgestaltung und Förderung von Jugendarbeit und Freizeitangeboten

stärker beteiligen und ihre Interessen berücksichtigen.

 

Es ist das Ziel der Berliner SPD ein Klima und einen Rahmen zu schaffen, in dem  die Jugend der Stadt in allen kommunalen und gesamtstädtischen Belangen eine nicht zu überhörende Stimme hat.

Empfehlung der Antragskommission:
(Konsens)