Antrag 15/III/2016 Attraktivität der beruflichen Ausbildung sichern und stärken: Schluss mit der Ausschließlichkeit von Ausbildung und Studium!

Die duale Ausbildung (Ausbildung an zwei Lernorten, dem Betrieb für die praktische und der Berufsschule für die theoretische Ausbildung) war und ist fester Bestandteil des Arbeitsmarktes in Deutschland. Zwar ist die duale Ausbildung für einen Großteil der Jugendlichen weiterhin eine wichtige Option, die meisten Abiturient*innen ziehen jedoch ein Hochschulstudium vor, während gleichzeitig der Prozentsatz der Schulabgänger*innen mit Hochschulberechtigung steigt.  Wir sehen als Problem, dass der Übergang zwischen Ausbildung und Hochschulstudium nicht für alle durchlässig ausgestaltet ist. Zu oft ist die Wahl junger Menschen für Ausbildung oder Studium eine sich gegenseitig ausschließende. Die gegenseitige Anrechnung von Leistungen wollen wir ermöglichen und vereinheitlichen.

 

Wir fordern: Das Berliner Hochschulgesetz muss insoweit geändert werden, dass der Abschluss einer Berufsausbildung grundsätzlich und fachungebunden zum Studium an einer Hochschule berechtigt. Zudem soll das Angebot der IHK Berlin für Studienabbrecher*innen, eine verkürzte Ausbildung zu absolvieren, auf weitere Ausbildungsberufe ausgeweitet, stärker koordiniert und gesetzlich festgeschrieben werden.

 

Zusätzlich fordern wir eine Stärkung des dualen Studiums (Hochschulstudium mit fest integrierten regelmäßigen Praxiseinsätzen in Unternehmen), das eine wichtige Scharnierfunktion zwischen dualer Ausbildung und dem reinen Hochschulstudium darstellt. Da derzeit die Bewerber*innenzahl die Zahl an von den Unternehmen bereitgestellten Plätzen für das duale Studium übersteigt, fordern wir, dass die Einrichtung solcher Studiengänge vereinfacht und vereinheitlicht wird. Die oft sehr belastende Situation dual Studierender, die durch die Verbindung von Ausbildung und Studium entsteht, wollen wir nicht länger hinnehmen. Unsere Vorstellungen von guter Arbeit sollten auch im dualen Studium übernommen werden. Oft müssen duale Student*innen neben dem Beruf dann auch noch lernen oder Fallstudien und ähnliches für das Studium anfertigen. Von Freizeit ist dann nicht mehr viel zu sehen. Deshalb fordern wir verbindliche Absprachen zwischen den Unternehmen und der Hochschule, die eine Überbelastung verhindern sollen. Die Tendenz, dass duale Studiengänge auf Unternehmensinteressen ausgerichtet werden und das Studium so weiter ökonomisiert wird, muss entgegengewirkt werden. Die Curricula müssen von unabhängigen Hochschulgremien ohne Unternehmensbeteiligung aufgestellt und die Kosten für private Hochschulen im Verhältnis zum Einkommen begrenzt werden. Ein auskömmlicher Lebensunterhalt muss gesichert sein. Eine bessere Studienförderung – insbesondere ein besseres Bafög-System – und Teilzeitstudiengänge für parallele praktische Tätigkeiten müssen her, um den Weg in reguläre Studiengänge zu erleichtern. Ein Klassensystem der Hochschulen, wo das duale Studium unten angesiedelt ist, muss verhindert werden.

 

Unser Ideal von Bildung verfolgt einen emanzipatorischen Ansatz; neben dem Zugang zu berufsrelevantem Wissen steht in jedem Fall der Zweck der Bildung als Element der Selbstbildung und Selbstverwirklichung.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisen an: Rücküberweisung an Antragsteller (Konsens)
Fassung der Antragskommission:

 

 

 

 

Stellungnahme des Fachausschusses / AK Berufliche Bildung: 

Der Antrag thematisiert drei unterschiedliche Felder: (1) Gegenseitige Anrechnung von Leistungen im Studium sowie in der Berufsbildung; (2) Studienzulassung ohne Hochschulzugangsberechtigung nach Abschluss einer Berufsausbildung; (3) Gestaltung duale Studiengänge.

 

Seitens des AKBB wird zu Punkt 1 wie folgt Stellung genommen: Es ist eine seit langem bestehende sozialdemokratische Forderung, die Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und tertiärer Bildung an Hochschulen zu verbessern. Gleichwohl stehen dieser Forderung praktische Hindernisse im Weg, die nicht ignoriert werden dürfen. Dazu gehört vorrangig die Tatsache, dass die curricularen Strukturen von Ausbildungsberufen und Studiengängen nicht kompatibel sind. Daher wird es auf Dauer unvermeidlich bleiben, dass im Falle eines Übergangs von dem einen zu dem anderen Bildungssektor individuell geprüft werden muss, welche Wertigkeit die jeweils erworbenen Kompetenzen in dem Sektor haben,  in den der Wechsel stattfinden soll. Dies ist bereits seit Langem gängige Praxis. Eine Vereinheitlichung der gegenseitigen Leistungsanrechnung kann dagegen nicht als probate Lösung angesehen werden. Dieser Teil des Antrags wird vom AKBB daher abgelehnt.

 

Abgelehnt wird auch die Forderung zu Punkt 2, nach Abschluss einer Berufsausbildung die Zulassung zu einem Hochschulstudium ohne  entsprechenden Schulabschluss  zuzulassen. Dies widerspricht den Vereinbarungen, die nach erheblichem Aufwand mit Bezug auf die Gleichwertigkeit von sekundärer und tertiärer Bildung zum Thema DQR erreicht wurden: danach geht es um die Anrechnungsfähigkeit beruflicher Fortbildungsabschlüsse.

 

Zu Punkt 3 ist auf die gesetzlich geregelte Kompetenzverteilung  für die jeweiligen  Bildungsgänge – Hochschulgesetze einerseits, Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnung sowie Landesregelungen andererseits – zu verweisen.  Die Gestaltung dualer Studiengänge bedarf stets der konkreten Absprachen zwischen den unmittelbar beteiligten Bildungsanbietern (Betrieb, Berufsschule, Hochschule). Eine generelle Regelung ist rechtlich nicht möglich. Auch diese Forderung wird daher abgelehnt.

Stellungnahme(n):
Stellungnahme des Fachausschusses / AK Berufliche Bildung:  Der Antrag thematisiert drei unterschiedliche Felder: (1) Gegenseitige Anrechnung von Leistungen im Studium sowie in der Berufsbildung; (2) Studienzulassung ohne Hochschulzugangsberechtigung nach Abschluss einer Berufsausbildung; (3) Gestaltung duale Studiengänge.   Seitens des AKBB wird zu Punkt 1 wie folgt Stellung genommen: Es ist eine seit langem bestehende sozialdemokratische Forderung, die Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und tertiärer Bildung an Hochschulen zu verbessern. Gleichwohl stehen dieser Forderung praktische Hindernisse im Weg, die nicht ignoriert werden dürfen. Dazu gehört vorrangig die Tatsache, dass die curricularen Strukturen von Ausbildungsberufen und Studiengängen nicht kompatibel sind. Daher wird es auf Dauer unvermeidlich bleiben, dass im Falle eines Übergangs von dem einen zu dem anderen Bildungssektor individuell geprüft werden muss, welche Wertigkeit die jeweils erworbenen Kompetenzen in dem Sektor haben,  in den der Wechsel stattfinden soll. Dies ist bereits seit Langem gängige Praxis. Eine Vereinheitlichung der gegenseitigen Leistungsanrechnung kann dagegen nicht als probate Lösung angesehen werden. Dieser Teil des Antrags wird vom AKBB daher abgelehnt.   Abgelehnt wird auch die Forderung zu Punkt 2, nach Abschluss einer Berufsausbildung die Zulassung zu einem Hochschulstudium ohne  entsprechenden Schulabschluss  zuzulassen. Dies widerspricht den Vereinbarungen, die nach erheblichem Aufwand mit Bezug auf die Gleichwertigkeit von sekundärer und tertiärer Bildung zum Thema DQR erreicht wurden: danach geht es um die Anrechnungsfähigkeit beruflicher Fortbildungsabschlüsse.   Zu Punkt 3 ist auf die gesetzlich geregelte Kompetenzverteilung  für die jeweiligen  Bildungsgänge – Hochschulgesetze einerseits, Berufsbildungsgesetz, Handwerksordnung sowie Landesregelungen andererseits - zu verweisen.  Die Gestaltung dualer Studiengänge bedarf stets der konkreten Absprachen zwischen den unmittelbar beteiligten Bildungsanbietern (Betrieb, Berufsschule, Hochschule). Eine generelle Regelung ist rechtlich nicht möglich. Auch diese Forderung wird daher abgelehnt.