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Antrag 154/I/2015 Mehr Teilhabe am kulturellen Leben der Kultur-Hauptstadt Berlin für Menschen mit Behinderungen – vor allem im Veranstaltungsbereich

15.05.2015

Die Mitglieder der SPD – Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin und das für Kultur zuständige Mitglied des Senats werden aufgefordert,

 

  • auf mehr bauliche Barrierefreiheit bei den vielen – auch privat betriebenen –  Veranstaltungshäusern Berlins hinzuwirken, denn noch zu oft sind in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen von Vorführungen aller Art  komplett ausgeschlossen. (z.B. Kabarett „Die Distel“, „Bar jeder Vernunft“, Werkstatt Schillertheater u.a.)

 

  • auf eine menschenwürdige Auslegung von Sicherheitsanforderungen zu dringen, denn zur Zeit dürfen in keinem Kino in Berlin gleichzeitig zwei Menschen im Rollstuhl einen Film sehen! Einem  Ehepaar im Rollstuhl wurde vorgeschlagen, jeweils an zwei folgenden Tagen getrennt den gewünschten Film anzusehen.

 

  • die bedingt barrierefreien Veranstaltungshäuser (z.B. Friedrichstadtpalast, Konzerthaus, Berliner Dom usw.) daraufhin überprüfen zu lassen, inwieweit die Platzzuweisung für Menschen im Rollstuhl und ihrer Begleitung dem Gleichberechtigungsgrundsatz der Bundes- und Landesverfassungen entspricht. Denn fast überall (gute Ausnahmen: Theater des Westens, O2-World) werden behinderten Menschen die letzten Ecken zugewiesen, in die sie sich setzen sollen, um das Konzert, die Aufführung zu verfolgen! Oft fast hinter dem Theatervorhang, am Ende der allerletzten Reihe, im obersten Rang (Philharmonie), ohne Sichtmöglichkeit auf die Bühne (z.B. Tempodrom) und die Begleitung sitzt weit weg, kann dem behinderten Menschen während der Vorstellung nicht unauffällig helfen… Oft muss sie zudem voll fit sein und steile Stufen steigen können, um im Gestühl vor oder hinter dem behinderten Partner Platz nehmen zu können. (Z.B. Max-Schmeling-Halle)

 

  • darauf zu dringen, dass 1% der zugelassenen Plätze bei jeder Veranstaltung für nicht umsetzbare Menschen im Rollstuhl zur Verfügung stehen. (ggf. mit variabler Bestuhlung) Fast überall dürfen nur 4 Personen im Rollstuhl gleichzeitig einer Veranstaltung beiwohnen, aus Sicherheitsgründen. Das ist viel zu wenig, z.B. im Friedrichstadtpalast, mit ca. 1.900 Plätzen. In die Waldbühne werden 16 Rollis gelassen, bei knapp 80.000 Plätzen, ganz hinten, in einer (Aus-)Sonderloge… Das hat zur Folge, dass eine (Wohn-)gruppe alleine mit vier behinderten Personen eine Veranstaltung für den Rest der Berliner behinderten Menschen blockieren kann, dass die wenigen Tickets für die Waldbühne zu Schwarzmarktpreisen unter den Betroffnen gehandelt werden…!

 

Ein neues, mit dem Gleichberechtigungsgebot und der UN-Behindertenrechtskonvention in Einklang stehendes Sicherheitskonzept muss gemeinsam mit allen Beteiligten (Bauaufsicht, Feuerwehr, Menschen mit Behinderungen) für alle Berliner Bühnen erarbeitet werden. Die Menschenrechte und das Recht auf Teilhabe dürfen nicht länger aus Sicherheitsgründen verletzt werden.

 

  • zu veranlassen, dass die wenigen Tickets für Rollstuhlfahrerinnen und –fahrer für die vielen Veranstaltungen in Berlin auch „normal“ im Internet oder an der Theaterkasse gekauft werden können. Die derzeitige Praxis, direkt beim Veranstalter oder beim Veranstaltungshaus nachfragen zu müssen, ob da noch ein Ticket für Menschen mit Behinderungen erworben werden kann, widerspricht dem Grundsatz der Gleichberechtigung. Für behinderte Touristinnen und Touristen ist es zudem nicht praktikabel. Sie können vorab in der Ferne nicht wissen, wie sie ein „Rolli-Ticket“ erwerben können.

 

  • In allen Veranstaltungshäusern sind barrierefreie Toiletten, Kassen, Garderoben und weitere Service-Leistungen vorzuhalten. Auch Behinderten-Parkplätze müssen vorhanden und gut sichtbar ausgeschildert sein.

 

  • Die Barrierefreiheit und menschenwürdige Nutzbarkeit von kulturellen Angeboten in Berlin darf nicht auf die Bedürfnisse von mobilitätsbehinderten Menschen beschränkt bleiben. Induktionsschleifen für hörbehinderte Personen oder Wegeleitsysteme in Konzerthäusern für Blinde gehören ebenfalls dazu. Für die Erstellung dieser Konzepte muss mit dem ABSV, dem Gehörlosenverband u.a. Interessenverbänden behinderter Menschen zusammengearbeitet werden.