Antrag 56/II/2015 Winterabschiebestopp auch für Berlin – „sichere Herkunftsstaaten“ sind nicht sicher!

Status:
Annahme

Wir fordern das Land Berlin auf, im Winter keine Menschen abzuschieben. Berlin muss darin Thüringen und Schleswig-Holstein folgen, wo Winterabschiebestopps schon Praxis waren.

 

Für Menschen, die alles aufgegeben mussten, weil sie zur Flucht gezwungen waren, ist eine Abschiebung lebensbedrohlich. Viele werden systematisch diskriminiert. Sie haben häufig keinen Zugang zu den ohnehin geringen Sozialleistungen. Aussichten auf eine stabile Existenzgrundlage fehlen. Es droht Obdachlosigkeit bei lebensgefährdender Kälte. Das trifft vor allem auf die Balkanregion zu.

 

Die höchste Priorität: Der Schutz der Menschen

Unser Ziel lautet: Es darf keine Abschiebungen mehr geben. Das Recht auf Migration und globale Bewegungsfreiheit muss umgesetzt werden. Ein erster Schritt – wie in den ersten Bundesländern getan – ist ein temporärer Abschiebestopp über den Winter.

 

Es liegt ganz klar im Ermessen der Berliner Behörden, ob sie „erhebliche konkrete Gefahren“ sehen, die eine Abschiebung nicht zulässt. So wurden in Thüringen und Schleswig-Holstein 15 Staaten benannt, in die eine winterliche Abschiebung unverantwortlich ist, weil „aufgrund des Klimas eine Rückkehr in Sicherheit und Würde nicht gewährleistet wäre“: Afghanistan, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Kosovo, Mazedonien, Russland, Serbien, Türkei, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Pakistan und Ukraine. Eine Ausweitung wäre voraussichtlich notwendig.

 

Der Abschiebestopp – eine Voraussetzung für eine humane Flüchtlingspolitik

Wenn wir dem Anspruch einer humanen Flüchtlingspolitik gerecht werden wollen, ist ein Winterabschiebestopp das Mindeste. So werden wir uns entschieden gegen konservative und rechte Stimmungsmache stellen.

 

Da beispielsweise Albanien, Kosovo – wo noch die Bundeswehr im Einsatz ist – und Montenegro nicht für alle Menschen sicher sind, sondern Diskriminierung, Verfolgung und Lebensgefahr bedeuten, können sie keine „sicheren Herkunftsstaaten“ sein. Besonders Roma sind dort akut bedroht.

 

Das Etikett „sicherer Herkunftsstaat“ ist ebenso nicht für die bereits dazu erklärten Staaten wie Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina, Senegal und Ghana haltbar. Das Recht der von dort geflüchteten Menschen Asylanträge zu stellen, dürfen nicht untergraben werden – vielmehr müssen Abschiebungen dorthin gestoppt und hier Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden. Eine individuelle Prüfung findet heute nicht mehr statt. Sie lässt sich bei einer Einspruchsfrist von einer Woche – eine der kürzesten im deutschen Rechtssystem – und über Klagen, die keine aufschieben Wirkung haben, kaum erzwingen.

Dass die deutsche Abschottungspolitik selbst in der Festung Europa besonders ausschließend ist, wird auch daran ersichtlich, dass in einigen EU-Staaten deutlich mehr Geflüchtete vom Balkan als in Deutschland (mit einer Anerkennungsquote um 1% im Jahr 2014) bleiben dürfen. (2014: in der Schweiz Schutzstatus für 37% aus Serbien und 40% aus dem Kosovo, in Finnland für 43% aus dem Kosovo, in Frankreich für 20% aus Bosnien-Herzegowina, in Belgien für 18% aus Bosnien-Herzegowina, in Großbritannien für 18% aus Albanien) )

 

Eine andere Flüchtlingspolitik ist längst überfällig

Der Winterabschiebestopp weißt einen Schritt in die Richtung einer humanen Flüchtlingspolitik. Diese müssen wir einschlagen und damit ein Zeichen setzen. Es muss in allen Bundesländern zur gängigen Praxis werden.

Empfehlung der Antragskommission:
(Konsens)
Fassung der Antragskommission:

Wir fordern das Land Berlin auf, im Winter keine Menschen abzuschieben. Betroffen sind die Staaten Afghanistan, Albanien, Armenien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Kosovo, Mazedonien, Russland, Serbien, Türkei, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Pakistan und Ukraine.