Antrag 28/II/2015 Junge Wissenschaft - Wege aus dem Prekariat

Status:
Annahme

“Gute Arbeit” ist zurecht die zentrale, wichtigste und erfolgreichste politische Forderung der SPD der letzten Jahre gewesen. Dabei ging und geht es um die konsequente Verbesserung der Arbeitsbedingungen in allen Branchen. Die Verhinderung von prekärer Beschäftigung war und ist dabei das oberste Ziel: Man muss von der Arbeit eine Lebensgrundlage finanzieren können, Beschäftigung muss abgesichert sein.
Ein Bereich, in dem ebenfalls prekäre Beschäftigung an der Tagesordnung ist, ist die Wissenschaft. Wissenschaftler*innen mit Hochschulabschluss, oft sogar mit Promotion, müssen über Jahre hinweg in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, mit Kurzzeitverträgen, mit extrem vielen unbezahlten Überstunden und mit geringem Lohn arbeiten.
Wegen der Besonderheiten des Wissenschaftssystems greifen viele allgemeine Maßnahmen gegen prekäre Beschäftigung nicht. Ein Beispiel für diese Besonderheiten ist das Abhängigkeitsverhältnis zu den Professor*innen, die ganz wesentlich über die weitere Karriere entscheiden. Dieses macht die Einhaltung von Arbeitsbedingungen, selbst wenn sie formal in Ordnung sind, besonders schwer. Aufgrund dieser Besonderheiten müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um dem Wissenschaftsprekariat ein Ende zu bereiten.

 

Drittmittel finanzierte Projekte ergänzen die Grundausstattung, sie ersetzen sie nicht

An der Mehrzahl der Lehrstühle der Berliner Hochschulen wird das wissenschaftliche Personal durch eine Mischung aus einer Grundausstattung und projektorientierten Drittmitteln finanziert. Die Drittmittel stammen zum Beispiel aus öffentlichen Programmen wie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Stiftungen oder direkt aus der Industrie. Ein großer Anteil von durch Drittmittel finanzierter Forschung führt zu einem hohen Overhead an Aufwänden, die zur Einwerbung und zum Berichtswesen genutzt werden müssen. Für angehende Professor*innen ist der Druck Drittmittelprojekte einzuwerben hoch. Die Grundausstattung ist oft zu gering, um Forschung voranzutreiben ohne Drittmittelprojekte. Eine Folge der Unterfinanzierung der Hochschulen und der Abhängigkeit von Drittmitteleinwerbung ist die Benachteiligung marginalisierter Fächer. Wir fordern daher feste Quoten und damit einen Mindestanteil an Grundausstattung an den wissenschaftlichen Instituten der Berliner Hochschulen.

 

Grundaufgaben wie die Labororganisation oder das Leiten von Seminaren sind keine projektorientierten Aufgaben und müssen daher unabhängig von Drittmittelprogrammen finanziert werden. Auf Grundlage des Hochschulpaktes zwischen Bund und Ländern werden Mittel zur Verfügung gestellt, um unter anderem zusätzliches Personal einzustellen.
Wir fordern, dass zusätzliche Mittel zur Erhöhung der Grundaustattung bereitgestellt werden. Um den zusätzlichen Arbeitsaufwand durch Drittmittelprojekte für die WissenschftlerInnen zu reduzieren und somit mehr Raum für die forschenden Tätigkeiten der Wissenschaftler*innen zu schaffen, fordern wir die Schaffung zusätzlicher Stellen zur Unterstützung bei der Einwerbung und Koordination von Drittmitteln.
Schließlich fordern wir die im Zuge einer familiengerechten Gestaltung der Hochschulen die flächendeckende Einführung bedarfsgerechter Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder und die Umsetzung flexibler Arbeitszeitmodelle, die auch jungen Eltern die Arbeit in der Wissenschaft ermöglichen.

 

Wissenschaftliche Stellen nicht durch studentische Hilfskräfte ersetzen

Im wissenschaftlichen Betrieb sind studentische Hilfskraftstellen eine sinnvolle Ergänzung zu der Beschäftigung von wisenschaftlichen Mitarbeiter*innen. Sie sollen es ermöglichen durch im Studium erlerntes Wissen Forschung und Lehre zu unterstützen. Diese Unterstützung gibt den Studierenden die Möglichkeit Praxiserfahrung zu sammeln, welche sie bei der späteren Berufsfindung benötigen. Auch stellen sie einen wichtigen Teil der Finanzierung des Studiums dar, welche bei steigenden Mietpreisen in Student*innenstädten oft nicht mehr mit dem gängigen BAföG gedeckt wird.

 

In letzter Zeit kann man häufig beobachten, dass Stellen von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, welche einen Abschluss benötigen, durch (günstigere) studentische Hilfskraftstellen ersetzt werden, obwohl die Aufgaben denen von Wissenschaftler*innen entsprechen. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind z.B. die Universitätsbibliotheken, aber auch Stellen in der Lehre oder Stellen in der Verwaltung.

Daher fordern wir, dass keine Beschäftigungsverhältnisse mit deutlichen Qualifikationsmerkmalen von Wissenschaftler*innen oder Verwaltungskräften an den Hochschulen durch studentische Hilfskraftverträge ersetzt werden.

 

Dadurch kann zum einen die Qualität der universitären Ausbildung und Verwaltung durch spezialisierte Arbeitskräfte gesichert und das Lohndumping an Universitäten gestoppt werden.

Zusätzlich fordern wir, dass studentische Hilfskraftstellen den tarifvertraglich festgelegten Mindeststandards der studentischen Beschäftigung unterliegen, wie der Mindestumfang von 40 Stunden im Monat und der Einhaltung gesetzlicher Rechte bei Krankheit und Urlaub, um ein sozialverträgliches Studieren zu ermöglichen. Wir begrüßen es, wenn alle studentischen Hilfskräfte einen Tarifvertrag nach dem Berliner Modell erhielten.

Wissenschaftliche Dauerstellen „unterhalb“ der Professur

Eine hohe Zahl an wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen arbeitet unter prekären Bedingungen. Stellen unterhalb der Professur sind häufig mit kurzen Befristungen und schlechter Bezahlung ausgestattet. Die Stellen der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen werden immer öfter zu Qualifizierungsstellen, die am Ende zu einer Professur führen sollen. Das Angebot an Professuren ist jedoch stark begrenzt, was bedeutet, dass letztendlich Stellen geschaffen werden, die so nicht gewollt sind und zu einer Belastung der Arbeitnehmer*innen führen. Diese Unsicherheiten nehmen langfristig dem Beruf der Wissenschaftler*in die Attraktivität.

 

Daher fordern wir, dass der „wissenschaftliche Mittelbau“ gestärkt wird und Stellen unterhalb der Professur geschaffen werden.
Diese Stellen sollen eine solide Grundausstattung der Institute darstellen, welche den einzelnen Mitarbeiter*innen die Möglichkeit geben sollen, ihrer Arbeit nachzugehen. Dies führt zu sicheren und attraktiveren Arbeitsverhältnissen und bedeutet auch die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Zusätzlich fordern wir, dass es für Daueraufgaben auch Dauerstellen geben muss.
Ebenso werden Wissenschaftler*innen Honorarverträge angeboten, um Arbeitgeberabgaben oder tarifliche Pflichten zu vermeiden. Wir fordern, dass der Staat, seine Einrichtungen und von ihr finanzierte Organisationen die Ausbeutung durch Honorarverträge unterlassen.

 

Mindestvertragslaufzeiten, statt unbegründete Befristungen

Um gute wissenschaftliche Arbeit leisten zu können Bedarf es an einem Minimum an Existenz- und Planungssicherheit. Obwohl Drittmittelprojekte in der Regel ca. drei Jahre dauern, leiden junge Wissenschaftler*innen unter extrem kurzen Vertragslaufzeiten (zum Teil von nur 1-3 Monaten). Dies verstärkt die Existenzangst und gefährdet somit auf Dauer die Qualität ihrer wissenschaftlichen Arbeit.

 

 

Daher fordern wir die Festlegung einer Mindestvertragslaufzeit, die sich an der jeweiligen Projektlaufzeit orientiert.
Dadurch erhalten junge Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, zumindest für die Zeit des Projekts, sich voll und ganz auf ihre wissenschaftliche Arbeit konzentrieren zu können.
Zusätzlich soll durch eine gesetzliche Untergrenze von einem Jahr Vertragslaufzeit garantiert werden, dass junge Wissenschaftler*innen ein Minimum an Existenz- und Planungssicherheit erhalten. Nur mit einer zwingenden Begründung soll eine Vertragslaufzeit von einem halben Jahr möglich sein.

 

Elternzeit für alle Wissenschaftler*innen möglich machen

Bisher besteht bei drittmittelfinanzierten Stellen eine große Unsicherheit bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was das Berufsfeld „Wissenschaft“ für junge AkademikerInnen unattraktiv werden lässt. Das Fehlen klarer gesetzlicher Regelungen bezüglich der Elternzeit macht die Arbeit in der Wissenschaft regelrecht zum Risiko für werdende Eltern. Während allgemein gilt, dass sich die Vertragslaufzeiten von Wissenschaftler*innen um den Zeitraum der in Anspruch genommenen Elternzeit verlängern, gilt dies für Wissenschaftler*innen, die über Drittmittelprojekte finanziert werden, ausdrücklich nicht.

 

Auch Arbeitnehmer*innen von Drittmittelprojekten sollen einen Anspruch auf eine Verlängerung ihrer Vertragslaufzeit um die von ihnen in Anspruch genommene Elternzeit haben. So wird gewährleistet, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit für Arbeitnehmer*innen von Drittmittelprojekten nicht mehr automatisch eine Verkürzung ihrer Vertragslaufzeit bedeuten kann.

 

Die Einheit von Forschung und Lehre bewahren

Es ist wichtig, dass sich gerade junge Wissenschaftler*innen auch auf Forschung konzentrieren können und nicht von Lehrverpflichtungen überfordert werden. Immer wieder gibt es daher die Forderung, zumindest die Lehre im Grundstudium auf Personen ‘auszulagern’, die ausschließlich für Lehre zuständig sind.

 

 

Oberstes Prinzip der Wissenschaft ist aber die Einheit von Forschung und Lehre. Sie sind nicht unabhängig voneinander denkbar, sondern bedingen sich gegenseitig. Lehre an den Hochschulen muss auf dem neuesten Stand der Forschung sein und die Forschung selbst zum Gegenstand haben. Deshalb muss grundsätzlich auch von denen unterrichtet werden, die selbst forschen. Umgekehrt setzt gute Forschungsarbeit den immerwährenden Austausch mit Studierenden voraus.
Die Einrichtung von “Lehrprofessuren” bzw. “Lecturern” kann aus diesem Grund kein Allheilmittel für die Verbesserung der Situation anderer Wissenschaftler*innen sein.
Wir fordern, dass die Lehre grundsätzlich weiterhin von Professor*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ausgeübt wird. Allenfalls ergänzend und zur Abfederung besonderer Belastungen sollte es daneben auch reine Lehrstellen geben.

 

Unberührt bleiben soll dabei die Möglichkeit, dass PraktikerInnen nebenamtlich Lehrtätigkeiten ausüben. Allerdings muss hierbei Missbrauch verhindert werden.
Unbezahlte Lehrtätigkeiten neben der Arbeit in drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten müssen künftig vergütet werden. Dabei hat die jeweilige Institutsleitung sicherzustellen, dass alle Lehrtätigkeiten ausdrücklich vergütet stattfinden

 

Gesicherte Berufsperspektiven für Wissenschaftler*innen schaffen

Eine wissenschaftliche Laufbahn bedeutet fast immer eine besondere Unsicherheit. Wer in Deutschland eine Professur mit Beamtenstatus und abgesicherter Existenz bekommt, entscheidet sich oft erst nach vielen Jahren Arbeit im Wissenschaftssystem. Während dieser Zeit haben Wissenschaftler*innen fast immer ausschließlich befristete Verträge. Beginnt eine neue Vertragslaufzeit, muss man schon wieder mit der Suche nach einer Anschlussstelle beginnen. Dieser ständige Stress belastet nicht nur die persönliche Situation, sondern wirkt sich auch negativ auf die Qualität der Wissenschaft aus, denn die ständige Jobsuche geht zur Lasten der eigentlichen Arbeit und viele talentierte Wissenschaftler*innen entscheiden sich von vornherein gegen eine Laufbahn in der Wissenschaft.

 

 

Deshalb müssen junge Wissenschaftler*innen schon früher eine gesicherte Perspektive erhalten. Das amerikanische “tenure track”-System kann hierfür ein Vorbild sein:
Wir fordern, dass mehr Stellen geschaffen werden, die sich an dem Vorbild “tenure track” orientieren.

 

Das bedeutet, dass Wissenschaftler*innen mit Promotion feste Stellen erhalten, die einen strukturierten und geregelten Weg zur Professur bedeuten. Wer eine solche Stelle hat, verpflichtet sich auf die Erbringung bestimmter, zu vereinbarender Ziele in einem gewissen Zeitraum. Werden die Ziele erreicht, steht am Ende dieser Laufbahn die Professur.
Auf diese Weise ist gewährleistet, dass Wissenschaftler*innen schon vergleichsweise früh erfahren, ob sie eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen können. Wer eine solche Stelle nicht erhält, kann sich schon viel früher außerhalb der Wissenschaft um eine Stelle bemühen. Wer sie erhält, wird zwar nicht automatisch ProfessorIn, hat es aber weitgehend selbst in der Hand und befindet sich daher auch weniger in einem Abhängigkeitsverhältnis. Auf diese Weise kann dem Nachwuchs schon früher mehr Sicherheit gegeben werden, ohne einen Qualitätsverlust hinnehmen zu müssen. Eine Frauenquote von mindestens 50 % ist verpflichtend einzuführen. Diese Maßnahmen würde auch zu einer größeren internationalen Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Berlin (und ggf. Deutschland) führen.

 

Gute Arbeit – auch in der Wissenschaft

Weniger Unsicherheit allein reicht jedoch nicht aus, damit Wissenschaft in Zukunft ein attraktiver Arbeitsbereich für junge Wissenschaftler*innen wird und dass dadurch auch die Qualität der Wissenschaft verbessert wird. Gute Wissenschaft kann nur durch gute Arbeit entstehen. Deshalb müssen sich die Arbeitsbedingungen an Hochschulen für Wissenschaftler*innen verbessern.

 

 

Die Aufgabenverteilung von wissenschaftlichem Personal sollte klar geregelt und vertraglich festgehalten werden. Es bedarf eines ausgewogenes Verhältnisses von Forschungs-, Verwaltungs- und Lehraufgaben. Wissenschaftliches Personal darf keine Verwaltungsangestellten ersetzen und sollte ausreichend Zeit zur eigenen Forschung haben. Zur „guten Arbeit“ gehört auch eine angemessene Bezahlung. Sittenwidrige Stellenausschreibungen (z.B. halbe E-13 Bezahlung bei angenommener Vollzeitbeschäftigung) müssen stärker geahndet werden. Umso schlimmer ist es, wenn sich staatlich finanzierte Forschungsinstitute an diesen Praktiken beteiligen. Wir fordern, dass sich der Staat, seine Einrichtungen und von ihr finanzierte Organisationen diese Praktiken unterlassen.

 

Frauen in der Wissenschaft

 

Frauen machen heute häufiger Abitur als Männer, sie studieren häufiger, und sie verfassen fast die Hälfte aller Promotionen. Dennoch nimmt der Anteil an Frauen von der Studienberechtigung über Promotionen hinzu W3/C4-Professuren immer mehr ab. Dabei ist besonders der sprunghafte Abfall des Anteils von Promotionen zu Habilitationen auffällig. Derzeit sind nur 20,4 % aller Professor*innen weiblich.

 

Wir fordern daher die Verstetigung des gemeinsam von Bund und Länder initiierten Profesorinnen-Programms auch über die in 2017 endende zweite Periode hinaus. Um die große Lücke bei den Habilitationen zu schließen, fordern wir, dass im Zuge des Ausbaus der an Tenure-Track angelehnten Positionen mindestens 50 % der Stellen mit Frauen besetzt werden.

 

Die langsame Steigerung des Frauenanteils unter den Professuren hat gezeigt, dass sich das Kaskadenmodell in der derzeitigen Form nicht bewährt hat. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) wird daher aufgefordert, klare Auflagen für öffentlich geförderte Forschungseinrichtungen einzuführen, die bei Nicht-Erfüllung an finanzielle Sanktionen gekoppelt sind. Das Ziel muss dabei sein, 50% der Berufungen und Leitungsfunktionen durch Frauen zu besetzen.

 

Wissenschaft ist sozial-versicherungspflichtige Beschäftigung

Neben sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungen an den Instituten, finanzieren viele junge Wissenschaftler*innen ihre Forschungen durch Stipendien. Damit bilden Stipendien neben Grundausstattung und klassischen projektorientierten Drittmitteln eine dritte Säule der Wissenschaftsfinanzierung. Für Promovierende sind die Anreize von Stipendien unter anderem durch eine höhere Flexibilität der Arbeitszeiten, Unabhängigkeit vom Lehrstuhl und häufig einem Qualitätsmerkmal im Lebenslauf verbunden. Stipendien dürfen jedoch nicht missbraucht werden, um sozial-versicherungspflichtige und einkommenssteuerpflichtige Beschäftigung zu vermeiden. Zielführend für unser sozialdemokratisches Bildungsideal ist die Förderung von Promotionsstudierenden in der Breite. Stipendien als Förderung Weniger dürfen deshalb kein Ersatz für die grundlegende Förderung einer breiten Promotionsstudierendenschaft sein.

 

Wir fordern daher, dass Länder und ihre Hochschulen sowie der Bund in seinen Forschungsprogrammen (z.B. den Exzellenzinitiativen der Deutschen Forschungsgemeinschaft) keine Stipendien für promovierte Wissenschaftler*innen an Stelle von sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungen vergeben. Damit Stipendien nicht zur Ausführung von Grundaufgaben an den Hochschulen genutzt werden, fordern wir klare Kriterien, nach denen die Aufgaben von Stipendiat*innen von wissenschaftlichen Angestellten unterschieden werden.
Denn gerade durch die in der Wissenschaft übliche Mobilität und notwendige Flexibilität der Forschenden ist eine soziale Absicherung notwendig. Dies betrifft insbesondere Familien, da Stipendiat*innen bei Familiengründung keinen Anspruch auf Elterngeld über der Mindestsumme erhalten.

Empfehlung der Antragskommission:
vertagt auf den LPT I/2016
Fassung der Antragskommission:

 

(Vertagt vom LPT II/2015)

Ursprüngliche Empfehlung: Überweisung FA V (Kein Konsens)

Beschluss: Annahme
Text des Beschlusses:

“Gute Arbeit” ist zurecht die zentrale, wichtigste und erfolgreichste politische Forderung der SPD der letzten Jahre gewesen. Dabei ging und geht es um die konsequente Verbesserung der Arbeitsbedingungen in allen Branchen. Die Verhinderung von prekärer Beschäftigung war und ist dabei das oberste Ziel: Man muss von der Arbeit eine Lebensgrundlage finanzieren können, Beschäftigung muss abgesichert sein.
Ein Bereich, in dem ebenfalls prekäre Beschäftigung an der Tagesordnung ist, ist die Wissenschaft. Wissenschaftler*innen mit Hochschulabschluss, oft sogar mit Promotion, müssen über Jahre hinweg in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen, mit Kurzzeitverträgen, mit extrem vielen unbezahlten Überstunden und mit geringem Lohn arbeiten.
Wegen der Besonderheiten des Wissenschaftssystems greifen viele allgemeine Maßnahmen gegen prekäre Beschäftigung nicht. Ein Beispiel für diese Besonderheiten ist das Abhängigkeitsverhältnis zu den Professor*innen, die ganz wesentlich über die weitere Karriere entscheiden. Dieses macht die Einhaltung von Arbeitsbedingungen, selbst wenn sie formal in Ordnung sind, besonders schwer. Aufgrund dieser Besonderheiten müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um dem Wissenschaftsprekariat ein Ende zu bereiten.

 

Drittmittel finanzierte Projekte ergänzen die Grundausstattung, sie ersetzen sie nicht

An der Mehrzahl der Lehrstühle der Berliner Hochschulen wird das wissenschaftliche Personal durch eine Mischung aus einer Grundausstattung und projektorientierten Drittmitteln finanziert. Die Drittmittel stammen zum Beispiel aus öffentlichen Programmen wie vom Bundesministerium für Bildung und Forschung oder der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Stiftungen oder direkt aus der Industrie. Ein großer Anteil von durch Drittmittel finanzierter Forschung führt zu einem hohen Overhead an Aufwänden, die zur Einwerbung und zum Berichtswesen genutzt werden müssen. Für angehende Professor*innen ist der Druck Drittmittelprojekte einzuwerben hoch. Die Grundausstattung ist oft zu gering, um Forschung voranzutreiben ohne Drittmittelprojekte. Eine Folge der Unterfinanzierung der Hochschulen und der Abhängigkeit von Drittmitteleinwerbung ist die Benachteiligung marginalisierter Fächer. Wir fordern daher feste Quoten und damit einen Mindestanteil an Grundausstattung an den wissenschaftlichen Instituten der Berliner Hochschulen.

Grundaufgaben wie die Labororganisation oder das Leiten von Seminaren sind keine projektorientierten Aufgaben und müssen daher unabhängig von Drittmittelprogrammen finanziert werden. Auf Grundlage des Hochschulpaktes zwischen Bund und Ländern werden Mittel zur Verfügung gestellt, um unter anderem zusätzliches Personal einzustellen.
Wir fordern, dass zusätzliche Mittel zur Erhöhung der Grundaustattung bereitgestellt werden. Um den zusätzlichen Arbeitsaufwand durch Drittmittelprojekte für die WissenschftlerInnen zu reduzieren und somit mehr Raum für die forschenden Tätigkeiten der Wissenschaftler*innen zu schaffen, fordern wir die Schaffung zusätzlicher Stellen zur Unterstützung bei der Einwerbung und Koordination von Drittmitteln.
Schließlich fordern wir die im Zuge einer familiengerechten Gestaltung der Hochschulen die flächendeckende Einführung bedarfsgerechter Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder und die Umsetzung flexibler Arbeitszeitmodelle, die auch jungen Eltern die Arbeit in der Wissenschaft ermöglichen.

 

Wissenschaftliche Stellen nicht durch studentische Hilfskräfte ersetzen

Im wissenschaftlichen Betrieb sind studentische Hilfskraftstellen eine sinnvolle Ergänzung zu der Beschäftigung von wisenschaftlichen Mitarbeiter*innen. Sie sollen es ermöglichen durch im Studium erlerntes Wissen Forschung und Lehre zu unterstützen. Diese Unterstützung gibt den Studierenden die Möglichkeit Praxiserfahrung zu sammeln, welche sie bei der späteren Berufsfindung benötigen. Auch stellen sie einen wichtigen Teil der Finanzierung des Studiums dar, welche bei steigenden Mietpreisen in Student*innenstädten oft nicht mehr mit dem gängigen BAföG gedeckt wird.

In letzter Zeit kann man häufig beobachten, dass Stellen von wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, welche einen Abschluss benötigen, durch (günstigere) studentische Hilfskraftstellen ersetzt werden, obwohl die Aufgaben denen von Wissenschaftler*innen entsprechen. Besonders betroffen von dieser Entwicklung sind z.B. die Universitätsbibliotheken, aber auch Stellen in der Lehre oder Stellen in der Verwaltung.

Daher fordern wir, dass keine Beschäftigungsverhältnisse mit deutlichen Qualifikationsmerkmalen von Wissenschaftler*innen oder Verwaltungskräften an den Hochschulen durch studentische Hilfskraftverträge ersetzt werden.

Dadurch kann zum einen die Qualität der universitären Ausbildung und Verwaltung durch spezialisierte Arbeitskräfte gesichert und das Lohndumping an Universitäten gestoppt werden.

Zusätzlich fordern wir, dass studentische Hilfskraftstellen den tarifvertraglich festgelegten Mindeststandards der studentischen Beschäftigung unterliegen, wie der Mindestumfang von 40 Stunden im Monat und der Einhaltung gesetzlicher Rechte bei Krankheit und Urlaub, um ein sozialverträgliches Studieren zu ermöglichen. Wir begrüßen es, wenn alle studentischen Hilfskräfte einen Tarifvertrag nach dem Berliner Modell erhielten.

 

Wissenschaftliche Dauerstellen „unterhalb“ der Professur

Eine hohe Zahl an wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen arbeitet unter prekären Bedingungen. Stellen unterhalb der Professur sind häufig mit kurzen Befristungen und schlechter Bezahlung ausgestattet. Die Stellen der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen werden immer öfter zu Qualifizierungsstellen, die am Ende zu einer Professur führen sollen. Das Angebot an Professuren ist jedoch stark begrenzt, was bedeutet, dass letztendlich Stellen geschaffen werden, die so nicht gewollt sind und zu einer Belastung der Arbeitnehmer*innen führen. Diese Unsicherheiten nehmen langfristig dem Beruf der Wissenschaftler*in die Attraktivität.

Daher fordern wir, dass der „wissenschaftliche Mittelbau“ gestärkt wird und Stellen unterhalb der Professur geschaffen werden.
Diese Stellen sollen eine solide Grundausstattung der Institute darstellen, welche den einzelnen Mitarbeiter*innen die Möglichkeit geben sollen, ihrer Arbeit nachzugehen. Dies führt zu sicheren und attraktiveren Arbeitsverhältnissen und bedeutet auch die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Zusätzlich fordern wir, dass es für Daueraufgaben auch Dauerstellen geben muss.
Ebenso werden Wissenschaftler*innen Honorarverträge angeboten, um Arbeitgeberabgaben oder tarifliche Pflichten zu vermeiden. Wir fordern, dass der Staat, seine Einrichtungen und von ihr finanzierte Organisationen die Ausbeutung durch Honorarverträge unterlassen.

 

Mindestvertragslaufzeiten, statt unbegründete Befristungen

Um gute wissenschaftliche Arbeit leisten zu können Bedarf es an einem Minimum an Existenz- und Planungssicherheit. Obwohl Drittmittelprojekte in der Regel ca. drei Jahre dauern, leiden junge Wissenschaftler*innen unter extrem kurzen Vertragslaufzeiten (zum Teil von nur 1-3 Monaten). Dies verstärkt die Existenzangst und gefährdet somit auf Dauer die Qualität ihrer wissenschaftlichen Arbeit.

Daher fordern wir die Festlegung einer Mindestvertragslaufzeit, die sich an der jeweiligen Projektlaufzeit orientiert.
Dadurch erhalten junge Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, zumindest für die Zeit des Projekts, sich voll und ganz auf ihre wissenschaftliche Arbeit konzentrieren zu können.
Zusätzlich soll durch eine gesetzliche Untergrenze von einem Jahr Vertragslaufzeit garantiert werden, dass junge Wissenschaftler*innen ein Minimum an Existenz- und Planungssicherheit erhalten. Nur mit einer zwingenden Begründung soll eine Vertragslaufzeit von einem halben Jahr möglich sein.

 

Elternzeit für alle Wissenschaftler*innen möglich machen

Bisher besteht bei drittmittelfinanzierten Stellen eine große Unsicherheit bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was das Berufsfeld „Wissenschaft“ für junge AkademikerInnen unattraktiv werden lässt. Das Fehlen klarer gesetzlicher Regelungen bezüglich der Elternzeit macht die Arbeit in der Wissenschaft regelrecht zum Risiko für werdende Eltern. Während allgemein gilt, dass sich die Vertragslaufzeiten von Wissenschaftler*innen um den Zeitraum der in Anspruch genommenen Elternzeit verlängern, gilt dies für Wissenschaftler*innen, die über Drittmittelprojekte finanziert werden, ausdrücklich nicht.

Auch Arbeitnehmer*innen von Drittmittelprojekten sollen einen Anspruch auf eine Verlängerung ihrer Vertragslaufzeit um die von ihnen in Anspruch genommene Elternzeit haben. So wird gewährleistet, dass die Inanspruchnahme von Elternzeit für Arbeitnehmer*innen von Drittmittelprojekten nicht mehr automatisch eine Verkürzung ihrer Vertragslaufzeit bedeuten kann.

 

Die Einheit von Forschung und Lehre bewahren

Es ist wichtig, dass sich gerade junge Wissenschaftler*innen auch auf Forschung konzentrieren können und nicht von Lehrverpflichtungen überfordert werden. Immer wieder gibt es daher die Forderung, zumindest die Lehre im Grundstudium auf Personen ‘auszulagern’, die ausschließlich für Lehre zuständig sind.

Oberstes Prinzip der Wissenschaft ist aber die Einheit von Forschung und Lehre. Sie sind nicht unabhängig voneinander denkbar, sondern bedingen sich gegenseitig. Lehre an den Hochschulen muss auf dem neuesten Stand der Forschung sein und die Forschung selbst zum Gegenstand haben. Deshalb muss grundsätzlich auch von denen unterrichtet werden, die selbst forschen. Umgekehrt setzt gute Forschungsarbeit den immerwährenden Austausch mit Studierenden voraus.
Die Einrichtung von “Lehrprofessuren” bzw. “Lecturern” kann aus diesem Grund kein Allheilmittel für die Verbesserung der Situation anderer Wissenschaftler*innen sein.
Wir fordern, dass die Lehre grundsätzlich weiterhin von Professor*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ausgeübt wird. Allenfalls ergänzend und zur Abfederung besonderer Belastungen sollte es daneben auch reine Lehrstellen geben.

Unberührt bleiben soll dabei die Möglichkeit, dass PraktikerInnen nebenamtlich Lehrtätigkeiten ausüben. Allerdings muss hierbei Missbrauch verhindert werden.
Unbezahlte Lehrtätigkeiten neben der Arbeit in drittmittelfinanzierten Forschungsprojekten müssen künftig vergütet werden. Dabei hat die jeweilige Institutsleitung sicherzustellen, dass alle Lehrtätigkeiten ausdrücklich vergütet stattfinden

 

Gesicherte Berufsperspektiven für Wissenschaftler*innen schaffen

Eine wissenschaftliche Laufbahn bedeutet fast immer eine besondere Unsicherheit. Wer in Deutschland eine Professur mit Beamtenstatus und abgesicherter Existenz bekommt, entscheidet sich oft erst nach vielen Jahren Arbeit im Wissenschaftssystem. Während dieser Zeit haben Wissenschaftler*innen fast immer ausschließlich befristete Verträge. Beginnt eine neue Vertragslaufzeit, muss man schon wieder mit der Suche nach einer Anschlussstelle beginnen. Dieser ständige Stress belastet nicht nur die persönliche Situation, sondern wirkt sich auch negativ auf die Qualität der Wissenschaft aus, denn die ständige Jobsuche geht zur Lasten der eigentlichen Arbeit und viele talentierte Wissenschaftler*innen entscheiden sich von vornherein gegen eine Laufbahn in der Wissenschaft.

Deshalb müssen junge Wissenschaftler*innen schon früher eine gesicherte Perspektive erhalten. Das amerikanische “tenure track”-System kann hierfür ein Vorbild sein:
Wir fordern, dass mehr Stellen geschaffen werden, die sich an dem Vorbild “tenure track” orientieren.

Das bedeutet, dass Wissenschaftler*innen mit Promotion feste Stellen erhalten, die einen strukturierten und geregelten Weg zur Professur bedeuten. Wer eine solche Stelle hat, verpflichtet sich auf die Erbringung bestimmter, zu vereinbarender Ziele in einem gewissen Zeitraum. Werden die Ziele erreicht, steht am Ende dieser Laufbahn die Professur.
Auf diese Weise ist gewährleistet, dass Wissenschaftler*innen schon vergleichsweise früh erfahren, ob sie eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen können. Wer eine solche Stelle nicht erhält, kann sich schon viel früher außerhalb der Wissenschaft um eine Stelle bemühen. Wer sie erhält, wird zwar nicht automatisch ProfessorIn, hat es aber weitgehend selbst in der Hand und befindet sich daher auch weniger in einem Abhängigkeitsverhältnis. Auf diese Weise kann dem Nachwuchs schon früher mehr Sicherheit gegeben werden, ohne einen Qualitätsverlust hinnehmen zu müssen. Eine Frauenquote von mindestens 50 % ist verpflichtend einzuführen. Diese Maßnahmen würde auch zu einer größeren internationalen Attraktivität des Wissenschaftsstandorts Berlin (und ggf. Deutschland) führen.

 

Gute Arbeit – auch in der Wissenschaft

Weniger Unsicherheit allein reicht jedoch nicht aus, damit Wissenschaft in Zukunft ein attraktiver Arbeitsbereich für junge Wissenschaftler*innen wird und dass dadurch auch die Qualität der Wissenschaft verbessert wird. Gute Wissenschaft kann nur durch gute Arbeit entstehen. Deshalb müssen sich die Arbeitsbedingungen an Hochschulen für Wissenschaftler*innen verbessern.

Die Aufgabenverteilung von wissenschaftlichem Personal sollte klar geregelt und vertraglich festgehalten werden. Es bedarf eines ausgewogenes Verhältnisses von Forschungs-, Verwaltungs- und Lehraufgaben. Wissenschaftliches Personal darf keine Verwaltungsangestellten ersetzen und sollte ausreichend Zeit zur eigenen Forschung haben. Zur „guten Arbeit“ gehört auch eine angemessene Bezahlung. Sittenwidrige Stellenausschreibungen (z.B. halbe E-13 Bezahlung bei angenommener Vollzeitbeschäftigung) müssen stärker geahndet werden. Umso schlimmer ist es, wenn sich staatlich finanzierte Forschungsinstitute an diesen Praktiken beteiligen. Wir fordern, dass sich der Staat, seine Einrichtungen und von ihr finanzierte Organisationen diese Praktiken unterlassen.

 

Frauen in der Wissenschaft

Frauen machen heute häufiger Abitur als Männer, sie studieren häufiger, und sie verfassen fast die Hälfte aller Promotionen. Dennoch nimmt der Anteil an Frauen von der Studienberechtigung über Promotionen hinzu W3/C4-Professuren immer mehr ab. Dabei ist besonders der sprunghafte Abfall des Anteils von Promotionen zu Habilitationen auffällig. Derzeit sind nur 20,4 % aller Professor*innen weiblich.

Wir fordern daher die Verstetigung des gemeinsam von Bund und Länder initiierten Profesorinnen-Programms auch über die in 2017 endende zweite Periode hinaus. Um die große Lücke bei den Habilitationen zu schließen, fordern wir, dass im Zuge des Ausbaus der an Tenure-Track angelehnten Positionen mindestens 50 % der Stellen mit Frauen besetzt werden.

Die langsame Steigerung des Frauenanteils unter den Professuren hat gezeigt, dass sich das Kaskadenmodell in der derzeitigen Form nicht bewährt hat. Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) wird daher aufgefordert, klare Auflagen für öffentlich geförderte Forschungseinrichtungen einzuführen, die bei Nicht-Erfüllung an finanzielle Sanktionen gekoppelt sind. Das Ziel muss dabei sein, 50% der Berufungen und Leitungsfunktionen durch Frauen zu besetzen.

 

Wissenschaft ist sozial-versicherungspflichtige Beschäftigung

Neben sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungen an den Instituten, finanzieren viele junge Wissenschaftler*innen ihre Forschungen durch Stipendien. Damit bilden Stipendien neben Grundausstattung und klassischen projektorientierten Drittmitteln eine dritte Säule der Wissenschaftsfinanzierung. Für Promovierende sind die Anreize von Stipendien unter anderem durch eine höhere Flexibilität der Arbeitszeiten, Unabhängigkeit vom Lehrstuhl und häufig einem Qualitätsmerkmal im Lebenslauf verbunden. Stipendien dürfen jedoch nicht missbraucht werden, um sozial-versicherungspflichtige und einkommenssteuerpflichtige Beschäftigung zu vermeiden. Zielführend für unser sozialdemokratisches Bildungsideal ist die Förderung von Promotionsstudierenden in der Breite. Stipendien als Förderung Weniger dürfen deshalb kein Ersatz für die grundlegende Förderung einer breiten Promotionsstudierendenschaft sein.

Wir fordern daher, dass Länder und ihre Hochschulen sowie der Bund in seinen Forschungsprogrammen (z.B. den Exzellenzinitiativen der Deutschen Forschungsgemeinschaft) keine Stipendien für promovierte Wissenschaftler*innen an Stelle von sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungen vergeben. Damit Stipendien nicht zur Ausführung von Grundaufgaben an den Hochschulen genutzt werden, fordern wir klare Kriterien, nach denen die Aufgaben von Stipendiat*innen von wissenschaftlichen Angestellten unterschieden werden.
Denn gerade durch die in der Wissenschaft übliche Mobilität und notwendige Flexibilität der Forschenden ist eine soziale Absicherung notwendig. Dies betrifft insbesondere Familien, da Stipendiat*innen bei Familiengründung keinen Anspruch auf Elterngeld über der Mindestsumme erhalten.

Beschluss-PDF:
Stellungnahme(n):
  Stellungnahme der AH-Fraktion 2018:   28/II/2015 Junge Wissenschaft - Wege aus dem Prekariat Der Antrag betrifft eine Vielzahl von Fragestellungen und Probleme, die auf verschiedenen Ebenen der Wissenschaftspolitik zu klären sind. Das Abgeordnetenhaus und die SPD-Fraktion haben sich in der Vergangenheit immer wieder mit der Frage von guter Arbeit an Hochschulen auseinandergesetzt und sind dabei zu erheblichen Fortschritten gekommen. Soweit auf Landesebene Entscheidungen zu treffen sind, ist Berlin auf einem guten Weg. So wurde im Juni 2017 das BerlHG in einigen diesen Antrag betreffenden Punkten angepasst. Mit dem Gesetz wurden einzelne dienstrechtliche Vorschriften des BerlHG an die Entwicklungen im Wissenschaftsbereich angepasst und eine neue Vorschrift zur Tenure-Track-Professur geschaffen, um Karrierewege des wissenschaftlichen Personals an den staatlichen Hochschulen zu verbessern und sie planbarer und transparent zu gestalten. Zielsetzung des Gesetzes ist es, klare gesetzliche Regelungen zu treffen, die jungen begabten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen aus dem In- und Ausland eine frühere Entscheidung über den dauerhaften Verbleib im deutschen Wissenschaftssystem und nicht zuletzt auch an einer Berliner Hochschule erleichtern. Bestehende Regelungen zum Berufungsverfahren oder den Beschäftigungsvoraussetzungen wurden zeitgemäß und im Sinne einer größeren Verfahrenssicherheit und Klarheit angepasst. Überarbeitete Formulierungen erleichtern die Rechtsanwendung und verbessern die Rechts- und Verfahrenssicherheit für die Hochschulen bei der Gewinnung von leistungsstarken Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen. Durch eine gestärkte Verfahrenssicherheit wurden die Abläufe im Berufungsverfahren beschleunigt. Die Einstellungsvoraussetzungen für eine Juniorprofessur wurden teilweise neu gefasst, um fachspezifische Unterschiede, individuelle Qualifizierungspfade und Lebenssituationen besser zu erfassen und gleichzeitig den Zweck der Juniorprofessur als Schritt zur Lebenszeitprofessur oder in andere wissenschaftlich geprägte Tätigkeiten zu wahren. Die gesetzliche Ausgestaltung der Professur in einem Beamtenverhältnis auf Zeit wurde als Ausnahme zur Professur in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit überarbeitet. Zudem wurde die Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere weiter verbessert. Das Gesetz baut auf dem Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zu Karrierezielen und Karrierewegen an Universitäten vom 11.07.2014 auf.