Antrag 124/II/2014 Barrierefreier ÖPNV in Berlin

Status:
Überweisung

Das Land Berlin trägt Verantwortung im Rahmen der Daseinsvorsorge für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und setzt sich zum Ziel mobilitäts- und wahrnehmungseingeschränkten Menschen ein umfassendes Angebot zu machen.

Die bereits gemachten Anstrengungen und erreichten Erfolge wie bspw. durch das Berliner Aufzugsprogramm, durch die Anschaffung von Niederflurbahnen oder durch die Einrichtung von Blindenleitsystemen an Bahnhöfen müssen dabei fortgesetzt und weiterentwickelt werden.

 

I. Weiterentwicklung der Barrierefreiheit im Berliner ÖPNV

Anforderungen an Busse und Bahnen

Das automatische Kneeling an Bushaltestellen wird beibehalten, weitere Feldversuche zur Prüfung des Bedarfskneelings finden nicht statt.

Die neu anzuschaffenden Gelenkbusse sollen über einen größeren Multifunktionsbereich verfügen, der es bspw. erlaubt drei statt wie bisher nur einem Rollstuhl Platz zu bieten. Die größeren Sonderflächen kommen gleichermaßen Menschen mit Kinderwagen oder mit Rollatoren zu Gute. Sie sind mit Klappstühlen zu versehen, sodass eine maximale Ausstattung mit Sitzplätzen besteht, sofern kein Bedarf zur Benutzung der Sonderflächen besteht.

 

Die Möglichkeit des barrierefreien Einstiegs durch den vorderen Eingang ist zu erhalten, damit bei schräg zur Haltestelle stoppenden Bussen (z.B. bei durch PkWs zu geparkten Haltestellen) ein alternativer Einstieg vorhanden ist.

Bis zur zweiten Tür sollen in Bussen keine Stufen mehr, den Zugang zu den Sitzen erschweren. Die Podeste im hinteren Bereich des Busses sind so niedrig wie möglich zu gestalten, um die Stolpergefahr zu mindern.

Bei der Ausschreibung für neue S- und U- Bahnen soll darauf geachtet werden, dass automatische Rampen zur Überwindung der Bahnsteigkante vorhanden sind.

 

Rücksichtnahmekampagne

Der Berliner Senat und die beteiligten Verkehrsunternehmen sollen außerdem eine Rücksichtnahmekampagne durchführen, die ein stärkeres Bewusstsein für die Einschränkungen bei der Nutzung des ÖPNV durch sensorisch und mobilitätseingeschränkte Menschen fördert und die Hilfsbereitschaft anregt. Schwerpunktmäßig soll rücksichtsvolles Verhalten in den Mehrzweckbereichen und beim Ein- und Ausstieg gefördert werden.

 

Fahrgastinformationen und Fahrgastkommunikation

Wahrnehmungsbehinderte Personen sollen wie andere Nutzer auch die notwendigen Informationen an den Service-Schaltern, in den Fahrzeugen des ÖPNV bzw. an den Bahnhöfen und Haltestellen möglichst problemlos erhalten können. Sehbehinderte sowie blinde und hörbehinderte (gehörlose, ertaubte und schwerhörige) Fahrgäste stellen dabei unterschiedliche Anforderungen an eine gelungene Fahrgastkommunikation.

An allen Bahnsteigen und –höfen sind akustische und optische Signalsysteme bereitzustellen. Größere Bahnhöfe müssen darüber hinaus  über ein Leit- und Informationssystem verfügen. Außerdem sind ertastbare Blindenleitsysteme an Bahnsteigen und Haltestellen notwendig.

Auch innerhalb der Busse müssen Fahrgastinformationen durch akustische und optische Signale für wahrnehmungsbehinderte Menschen verfügbar gemacht werden. Die Informationen sollen dabei leicht erkennbar und verständlich sein.

Die Verkaufs- und Serviceräume im Tarifsystem des Verkehrsverbundes Berlin Brandenburg sind auf ihre Barrierefreiheit zu überprüfen, insbesondere an Schaltern kann mehr Barrierefreiheit erreicht werden. Das Personal der Verkehrsunternehmen ist im Umgang mit Menschen mit Behinderung zu schulen.

An den Bahnhöfen ist die Anzahl barrierefreier Toiletten auszuweiten. Der Zustand der bereits verfügbaren barrierefreien Toiletten ist sowohl in hygienischer wie auch technischer Hinsicht auf eine einwandfreie Benutzbarkeit hin zu überprüfen.

 

Baustellen und Ersatzverkehre

Auch bei Dauerbaustellen und bei Schienenersatzverkehren müssen die Standards der barrierefreien Mobilität gelten. Dies gilt insbesondere für

  • optische und akustische Orientierungs- und Informationshilfen in Baustellenbereichen und bei Umleitungen;
  • den barrierefreien Zugang zu Bussen des Schienenersatzverkehrs;
  • Ausschreibungen für Baumaßnahmen von Bahnhöfen. Hierbei ist auf temporäre Hilfesysteme wie Fahrstühle zu

 

Mobilitätshilfen

  • Evaluierung des Sonderfahrdienstes für Menschen mit Behinderung, insbesondere hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit und seiner Flexibilität;
  • Ausweitung des VBB Begleitservices auf Zeiten von 6:30 bis 23:00 Uhr.

Beide Dienstleistungen sollen zukünftig weiterhin für die Zielgruppe entgeltfrei und mit dem Service Tür-zu-Tür zur Verfügung stehen.

Fahrgast- und Behindertenverbände sind über das Recht auf Anhörung hinaus an Entscheidungen zu den genannten Punkten zu beteiligen. Die Entscheidungsprozesse sollen transparent und langfristig nachvollziehbar sein.

 

II. Regelmäßige Berichterstattung der Verkehrsunternehmen durch spezifische Kapitel zu „Barrierefreiheit“ in den Geschäfts- und Rechenschaftsberichten

In den Geschäfts- und Rechenschaftsberichten der Berliner Verkehrsunternehmen sind entsprechende Kapitel über die Umsetzung von Anforderungen von Barrierefreiheit einzufügen. Verkehrsträger, Senatsverwaltung und Abgeordnetenhaus prüfen den Umsetzungsstand zur Zielerreichung Barrierefreiheit regelmäßig.

Empfehlung der Antragskommission:
Überweisung AH-Fraktion (Konsens)
Stellungnahme(n):
  Stellungsnahme der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin Das Thema "Barrierefreier ÖPNV in Berlin" wurde durch die fachlich zuständigen Gremien der Fraktion kontinuierlich begleitet. Es gab hierzu mehrere Initiativanträge der SPD-Fraktion, die ins Abgeordnetenhaus eingebracht wurden. Ferner fanden im gesamten Zeitraum mehrere Besprechungen in den Fachausschüssen statt.   Die SPD-Fraktion hat sich für die Beibehaltung des automatischen Kneelings an Bushaltestellen eingesetzt. In diversen Werbe- und Flyeraktionen wurde für eine größere Rücksichtnahme gegenüber mobilitätseingeschränkten Personen im ÖPNV geworben. Aktuell findet im Rahmen der parlamentarischen Ausschussberatung eine Diskussion über die Verbesserung von Fahrgastinformationen statt. Hierbei bringt die SPD-Fraktion auch die Forderung nach z.B. akustischen Signal- und Informationssystemen ein. Eine Evaluierung von Mobilitätshilfen und Sonderfahrdiensten ist noch im Gange. Die SPD-Fraktion setzt zudem auf eine regelmäßige Berichterstattung der Verkehrsunternehmen über Barrierefreiheit in ihren Geschäftsberichten.   Im Rahmen des Haushaltsplans 2016/17 wurden die Mittel für den Sonderfahrdienst um 340.000 Euro angehoben, insbesondere wegen Leistungserweiterungen wie Treppenhilfe und Notdiensten. Im Taxikontensystem wurde zum 1.7.2015 der maximale monatliche Erstattungsbetrag erhöht.   Auf der Klausurtagung 2016 hat die SPD-Fraktion außerdem beschlossen, aus SIWA-Mitteln die Barrierefreiheit im ÖPNV zu verbessern und für Aufzüge weitere 5 Mio. Euro zur Verfügung zu stellen. Im Beschluss zum Haushaltsplan 2016/17 wurden zusätzlich jährlich 2 Mio. Euro für Mobilitätshilfe bereitgestellt. Der VBB-Begleitservice ist von montags bis sonntags von 7 bis 22 Uhr verfügbar.